Freitag, 3. Januar 2025

BreitbandZusammenarbeit ist die Antwort

[30.09.2022] Im Interview erläutert Jürgen Hansjosten, Geschäftsführer von Infrafibre Germany (IFG), weshalb ein Glasfaser-Doppelausbau zu vermeiden ist und warum Bürgermeister sich in ihren Ausbauentscheidungen nicht unter Druck setzen lassen sollten.
Jürgen Hansjosten

Jürgen Hansjosten

(Bildquelle: Infracapital Deutschland)

Herr Hansjosten, auf den Fiberdays Mitte Juni dieses Jahres in Wiesbaden war die Gestaltung der künftigen öffentlichen Förderung von Glasfaserprojekten ein Schlüsselthema. Befürchtet die Branche zu Recht einen Förder-Tsunami?

Grundsätzlich ist Förderung überall dort sinnvoll, wo der privatwirtschaftliche Ausbau nicht umsetzbar ist, etwa beim Anschluss von Weilern und Gehöften. In Bayern blickt unsere Tochter LEONET diesbezüglich auf eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Land, den Kreisen und Gemeinden zurück. Wir brauchen allerdings eine eng abgestimmte Verzahnung von privatwirtschaftlichem und gefördertem Ausbau mit Augenmaß. Hier sehen wir aktuell bedeutende Fehlentwicklungen, wenn Förderung mit der Gießkanne und nicht punktuell dort stattfindet, wo es einen Nutzen für alle bringt.

Gibt es einen Überbau privatwirtschaftlich errichteter Netze durch geförderte Netze?

Im Tagesgeschäft kommt es zunehmend zu Überbauungen: private Investoren bauen bereits aus, dann erhalten die Kommunen nach Jahren endlich Förderbescheide, die diese möglichst rasch und meist mit anderen Partnern umsetzen wollen. Dies führt zu paradoxen Entwicklungen und zersplittert Glasfaserinfrastrukturen weiter und weiter. Ich kenne im ländlichen Raum keinen Business-Case, der sich für mehrere Netze auch nur ansatzweise rechnet.

Was fordern Sie?

Der privatwirtschaftliche Ausbau benötigt Planungs- und Investitionssicherheit. Ist die Wirtschaftlichkeit privater Ausbauprojekte durch geförderte Maßnahmen und Doppelausbau gefährdet, droht rascher Rückzug mit schweren langfristigen Folgen für den Ausbau. Aus Branchensicht müssten eigentlich nur maximal zehn Prozent der grauen Flecken mit Fördergeldern ausgebaut werden. Hier sind Abstimmung und effiziente Tools gefragt, die einen Überbau durch Förderung verhindern.

Ergeben sich durch die Deutsche Telekom und GlasfaserPlus neue Unsicherheiten?

Leider ja. Wir erleben dies in Bayern im Tagesgeschäft. Da kündigen die Telekom oder GlasfaserPlus in einer kleinen Kommune plötzlich den Ausbau der Glasfaser an, um die sie früher einen Riesenbogen gemacht haben. Und das, obwohl bereits ein Netz durch einen anderen Anbieter in Planung oder schon im Bau ist. Im nächsten Schritt baut man dann starken psychologischen Druck auf: Man dürfe ja nicht mitverlegen, denn dafür gäbe es nur im geförderten Ausbau einen Anspruch. Dann müsse man halt in einem Jahr oder zwei Jahren wiederkommen und die Straßen erneut aufreißen. Dies verunsichert Bürgermeister zutiefst.

Wie lautet Ihr Rat?

Unsere Antwort ist nach wie vor eine enge Zusammenarbeit. Wenn sich ein Bürgermeister und seine Gremien für uns entscheiden, dies offen gegenüber den Bürgern kommunizieren, uns rasch ausbauen lassen und eindeutige Bauvorgaben machen, nehmen diese Vorstöße ab. Denn letztlich muss auch die Telekom Geld durch sinnvolle Investitionen verdienen.

Was steckt dahinter?

„Im Sinne der Verbraucher ­sollte es ­keinen Wettbewerb um die Netze geben.“
Der Telekom-Vorstand predigt seit einiger Zeit Kooperationen, Open Access und den Schulterschluss bei Genehmigungen, welche auch wir unterstützen. In der Realität sehen wir bei Projekten vor Ort, dass es nicht um das vorgeschobene Wohl der Bürger, sondern eindeutig um Verdrängung der privatwirtschaftlichen Wettbewerber und um Marktanteile geht. Jedem Bürgermeister und seinen Gremien, die sich darauf einlassen und Baugenehmigungen verzögern, sollte klar sein, dass sie die Ausbauprojekte signifikant verzögern. Denn wer garantiert, dass rasch ausgebaut wird, wenn der privatwirtschaftliche Anbieter vertrieben ist? Im Sinne der Verbraucher sollte es keinen Wettbewerb um die Netze, sondern Wettbewerb auf den Netzen über Open Access geben. Ein Unternehmen baut aus, öffnet sein Netz für die Wettbewerber, sorgt so für Anbietervielfalt und der Kunde entscheidet über das beste Angebot. Nur dies bringt den Ausbau für alle sinnvoll voran.

Wie wirken sich steigende Tiefbau­preise aus?

Die Ausbaugeschwindigkeit sinkt. Jeder Bürgermeister kennt die Situation. Fehlende Baukräfte sind nicht nur beim Glasfaserausbau, sondern in fast allen lokalen Infrastrukturmaßnahmen ein stark limitierender Faktor. Umso wichtiger ist, dass ungezielte und unkoordinierte Fördermaßnahmen sowie Doppelausbau vermieden werden. Dies würde die Nachfrage und Preise weiter nach oben treiben. Hier ist die Vernunft aller Beteiligten gefragt.

Wie läuft es bei den Genehmigungsverfahren?

Wir benötigen dringend ein Umdenken in den Verwaltungen. Teilweise 15 und mehr Genehmigungen für einen Streckenabschnitt sind kontraproduktiv. Zumal es in den meisten zuständigen Behörden sehr starke Personalengpässe gibt, die laufende Genehmigungen unnötig weiter in die Länge ziehen. Bundesweit sollten neue Standards entwickelt werden, die Genehmigungen schlanker und schneller machen.

Interview: Thomas Fuchs, Geschäftsführer von fuchs media consult, Gummersbach.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Breitband

Steindorf: Glasfaserausbau beschlossen

[20.12.2024] Rund 440 Haushalte und Gewerbebetriebe sollen in Steindorf bis 2028 an ein leistungsstarkes FTTB/H-Glasfasernetz angebunden werden. Die Bauarbeiten beginnen Ende 2025, der Hausanschluss ist für förderfähige Gebäudeeigentümer kostenlos. mehr...

Symbolische Gebietsübergabe durch den ZBA an den Netzbetreiber DNS.Net

Zweckverband Breitband Altmark: Ausbaugebiete übergeben

[18.12.2024] Die Region Altmark ist in den ehemals unterversorgten Gebieten nun mit einem flächendeckenden Glasfasernetz ausgestattet. Die letzten Ausbaugebiete hat der Zweckverband Breitband Altmark Anfang Dezember an den Netzbetreiber DNS:NET übergeben. 
 mehr...

Borkens Bürgermeisterin Mechtild Schulze Hessing.
interview

Echte Glasfaser-Kommune: Vorreiter Borken

[17.12.2024] Mit ihrer überdurchschnittlichen Glasfaserquote wurde die Stadt Borken vom Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) als Echte Glasfaser-Kommune ausgezeichnet. Bürgermeisterin Mechtild Schulze Hessing legt im Interview die Erfolgsfaktoren dar. mehr...

Elf Westallgäuer Bürgermeister haben Verträge mit der Telekom unterzeichnet.

Telekom: Glasfaser für das Westallgäu

[10.12.2024] Elf Kommunen im Westallgäu und die Telekom bündeln ihre Kräfte für den Glasfaserausbau. Baustart für das ambitionierte Projekt ist im Frühjahr 2025. mehr...

v.l.: Tiemo Papsdorf, Baufirma Kuhlmann; Thomas Barufke und Jessica Rotärmel, Stabsstelle Breitband, Landkreis Osnabrück; Mario Aquino, Netzbetreiber GVG Glasfaser; Dominik Schmidt, Baufirma Kuhlmann; Claudia Pelzl, Netzbetreiber GVG Glasfaser; Landrätin Anna Kebschull; Marco Kreyenhagen, Hof Kreyenhagen; Bürgermeister Erik Ballmeyer, Ostercappeln; Stephan Simon, Stabsstelle Breitband, Landkreis Osnabrück. Sie halten Schaufeln in der Hand und werfen damit Aushubmaterial, das zu einem Berg aufgehäuft zwischen ihnen liegt, in die Luft. Im Hintergrund ist ein kleiner Bagger zu sehen.

Kreis Osnabrück: Weiße Flecken bald getilgt

[05.12.2024] Der Breitbandausbau der weißen Flecken im Kreis Osnabrück hat die letzte Bauphase erreicht. Bis Ende 2025 soll sie abgeschlossen sein und keinen Haushalt oder Betrieb zurücklassen. Wenn die weißen Flecken getilgt sind, sollen die grauen Flecken beseitigt werden. mehr...

ANGA COM: Auch 2025 auf Erfolgskurs

[04.12.2024] Die Kongressmesse für Breitband, Fernsehen & Online, ANGA COM, die vom 3. bis 5. Juni 2025 in Köln stattfindet, liegt auf Erfolgskurs: Bereits für über 90 Prozent der Ausstellungsfläche liegen Buchungen vor. 
 mehr...

Deutschlandkarte, die in Prozent die Glasfaserausbauquote der Bundesländer angibt.
bericht

Breitbandausbau: Ziel nicht erreichbar

[03.12.2024] Die Marktanalyse des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) zeigt, dass sich der Glasfaserausbau in der Fläche verlangsamt und das Ziel einer flächendeckenden Homes-Passed-Versorgung bis 2030 ohne politische Kurskorrektur nicht mehr erreichbar ist. mehr...

Breitenbrunn: Mobilfunkmast in Betrieb gegangen

[14.11.2024] In Breitenbrunn wurde jetzt ein neuer Mobilfunkmast offiziell in Betrieb genommen, der durch das bayerische Mobilfunk-Förderprogramm mit 327.000 Euro unterstützt wurde. mehr...

Odenwaldkreis: PEB Breitband sichert sich Auftrag für Ausbau

[08.11.2024] Das Unternehmen PEB Breitband hat sich jetzt den Auftrag für den geförderten Glasfaserausbau im Odenwaldkreis gesichert. Bis Ende 2030 sollen knapp 15.000 Haushalte und Unternehmen in der Region an das Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen werden. mehr...

Die Projektbeteiligten drücken den symbolischen Inbetriebnahme-Buzzer

Owingen: Schnelles Netz für unterversorgte Gebiete

[28.10.2024] Mit der Ortschaft Owingen geht im Breitband-Förderprojekt des Zweckverbands Breitband Bodenseekreis (ZVBB) die erste von zehn Gemeinden online. Nach den weißen Flecken sollen jetzt im nächsten Schritt auch noch die grauen Flecken erschlossen werden. mehr...

Andreas Kühn, Vorsitzender im Gemeinderat Sülzetal, Marco Hagendorf, Ortsbürgermeister von Altenweddingen, Jörg Methner, Bürgermeister der Gemeinde Sülzetal; Ministerin Lydia Hüskens, und Heiko Hambückers drücken einen Button zur Freischaltung des Glasfasernetzes.

Glasfasernetz Sülzetal: Eigenwirtschaftlicher Ausbau abgeschlossen

[24.10.2024] Ein nahezu flächendeckendes Glasfasernetz wurde jetzt in der Gemeinde Sülzetal freigeschaltet. Errichtet wurde es komplett ohne Fördermittel. mehr...

Das Bild zeigt ein Gebäude mit Grafiti und dem Schriftzug Usere Grüne Glasfaser.

Unternehmen: UGG übernimmt Infrafibre Germany

[22.10.2024] Unsere Grüne Glasfaser (UGG) übernimmt die Infrafibre Germany (IFG) und deren Tochtergesellschaften. Damit entsteht einer der größten Glasfaseranbieter Deutschlands. mehr...

Glasfaserkabel schauen aus der Erde

Gigabitstrategie: Fortschrittsbericht zeigt Ausbaudynamik

[21.10.2024] Der Fortschrittsbericht zur Gigabitstrategie des BMDV zeigt, dass 87 Prozent der Ausbaumaßnahmen gestartet oder abgeschlossen sind. Neue Projekte sollen den Ausbau weiter fördern. Bayerns Finanzminister Füracker kritisiert jedoch unzureichende Förderungen für ländliche Regionen und fordert mehr Unterstützung. mehr...

Glasfaserkabel

Rhein-Hunsrück-Kreis: 19 Millionen Euro für den Gigabitausbau

[11.10.2024] Das Land Rheinland-Pfalz fördert den weiteren Gigabitausbau im Rhein-Hunsrück-Kreis mit 19 Millionen Euro. Nach Abschluss des Ausbauvorhabens soll nahezu überall im Landkreis schnelles Internet verfügbar sein. mehr...

Mobilfunkmast auf einem weißen Gebäude vor Himmel

Rheinland-Pfalz: Mobilfunk-Toolbox für Kommunen

[09.10.2024] Das Land Rheinland-Pfalz stellt für Kommunen und Unternehmen jetzt eine Mobilfunk-Toolbox zur Verfügung. Sie soll dazu beitragen, Ausbauprojekte zu beschleunigen. Als Pilotregion hat der Landkreis Bad Kreuznach die Entwicklung der Toolbox aktiv begleitet. mehr...