InterviewZwischen den Polen

Andreas Kleinknecht
(Bildquelle: Microsoft Deutschland)
Herr Kleinknecht, die Bundesregierung hat das Thema digitale Souveränität entdeckt und will unter anderem die Abhängigkeit der öffentlichen Verwaltung von einzelnen IT-Anbietern verringern. Wie bewerten Sie dies?
Ich finde es gut, dass das wichtige Thema digitale Souveränität an Aufmerksamkeit gewonnen hat. Wir müssen nur klar trennen, wo es wirklich um die Beeinträchtigung von digitaler Souveränität geht und wo einfach nur um die effiziente Organisation einer IT-Infrastruktur. Zu Recht wird die noch immer zersplitterte IT-Landschaft beklagt. In dem Maße, wie IT-Systeme aber vereinheitlicht werden, entsteht ein Eindruck von Abhängigkeit – von welchem Anbieter auch immer.
Was bedeutet digitale Souveränität auf staatlicher Ebene aus Ihrer Sicht?
Im digitalen Raum unabhängig entscheiden und selbstbestimmt handeln zu können, ist eine Schlüsselressource des 21. Jahrhunderts. Das erfordert vor allem digitale Kompetenz: Nur eine Technologie, die ich verstehe, kann ich auch unabhängig und selbstbestimmt anwenden. Hier gilt es, die Balance zu halten zwischen Abschottung, also alles selbst machen zu wollen, und Abhängigkeit, sprich nichts mehr beeinflussen zu können. Digitale Souveränität in einer vernetzten Welt liegt zwischen diesen Polen.
Kann digitale Souveränität überhaupt politisch erreicht werden?
Sie kann natürlich nicht per politischem Beschluss hergestellt werden. Aber die Politik muss einen Rahmen setzen, der Souveränität möglich macht. Nehmen Sie zum Beispiel künstliche Intelligenz (KI). Um hier Weltspitze zu sein, braucht es einen Zugang zu Daten, die für das Training der KI erforderlich sind. Wie die Politik den Rahmen für das Teilen von Daten gestaltet, entscheidet mit darüber, wie souverän Deutschland bei KI sein wird. Hier braucht es einen Rahmen, der Privatsphäre schützt und gleichzeitig das sichere Teilen von Daten als Voraussetzung für Innovationen möglich macht.
Eine PwC-Studie im Auftrag des Bundesinnenministeriums unterstreicht die Technologieabhängigkeit der öffentlichen Verwaltung. Fürchten Sie nun um die Marktdominanz von Microsoft bei Betriebssystemen und Office-Programmen?
Marktdominanz ist nicht unser unternehmerisches Ziel. Im Gegenteil: Unser Geschäftsmodell ist auf Kooperation und Partnerschaften ausgelegt. Unsere heutige Marktposition ist im Wettbewerb mit anderen Anbietern entstanden und unsere technologischen Fähigkeiten scheinen den Anforderungen des breiten Marktes zu entsprechen. Microsoft hat aus Diskussionen der frühen 2000er-Jahre viel gelernt. Heute zählen wir zu den größten Open-Source-Anbietern der Welt. Unsere Lösungen erlauben es, auch andere Anbieter oder Betriebssysteme zu integrieren.
Öffentliche IT-Dienstleister wie Dataport arbeiten an Open-Source-Programmen für die Bürokommunikation. Wie ernst nehmen Sie solche Vorhaben?
Wir sind vom wettbewerblichen Prinzip anhand von klar definierten Anforderungen überzeugt. Wir werden uns auch weiterhin dem Bieterwettbewerb stellen, indem wir an den anspruchsvollen öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen.
Bei der Nutzung von Microsoft-Programmen fließen Telemetriedaten an Server in den USA. Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen europäisches Datenschutzrecht. Was ist dran an den Vorwürfen?
Diagnosedaten werden dazu verwendet, unsere Produkte und Dienste sicher und auf dem neuesten Stand zu halten, Probleme zu erkennen, zu diagnostizieren und zu beheben sowie Produktverbesserungen vorzunehmen. Microsoft nutzt Diagnosedaten im Einklang mit dem einschlägigen europäischen Datenschutzrecht. Falls sich die Rechtsauslegung diesbezüglich ändern sollte, werden wir unsere Produkte und Dienste überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
„Microsoft nutzt Diagnosedaten im Einklang mit dem europäischen Datenschutzrecht.“
Dem niederländischen Justizministerium hat Microsoft bereits Zugeständnisse bei der Erhebung von Telemetriedaten gemacht. Sind Sie diesbezüglich auch in Gesprächen mit deutschen Ministerien?
Wir nehmen Hinweise zum Datenschutz immer sehr ernst und nutzen sie, um unsere Cloud-Lösungen weiter zu verbessern. Hierzu führen wir auch Gespräche in Deutschland.
Die Bundesregierung will auch mit dem Cloud-Projekt Gaia-X, einer europäischen Cloud-Initiative, die digitale Souveränität stärken. Was halten Sie von diesen Plänen?
Wir unterstützen Gaia-X, denn wir sind überzeugt, dass Partnerschaften der Schlüssel zu digitaler Innovation und Erfolg sind. Es gab zuletzt widersprüchliche Darstellungen, wie wir dem Projekt gegenüberstehen – aber ich kann nur bekräftigen: Wir würden uns gerne beteiligen und führen dazu aktuell Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium.
Die Deutschland-Cloud von Microsoft in Zusammenarbeit mit der Telekom ist gescheitert. Was haben Sie daraus gelernt?
Gelernt haben wir, dass die Unterstützung weltweit tätiger Kunden mit nationalen Cloud-Lösungen allein schwierig ist. Seit vergangenem Jahr bieten wir in zwei deutschen Cloud-Regionen ein neues Modell der Datenverarbeitung in Deutschland an. Zusätzlich zu einer Datenhaltung allein in Deutschland bieten wir Kunden die Möglichkeit einer Anbindung an die weltweite Microsoft-Cloud und Zugang zu den neuesten Cloud-Diensten. Darüber hinaus können wir auch Angebote machen, welche die strengen Anforderungen an digitale Souveränität im öffentlichen Sektor gewährleisten.
Warum braucht der Staat überhaupt Cloud-Infrastrukturen?
Das heutige Verständnis der Cloud ist noch viel zu infrastrukturlastig. Es geht bei der Cloud um viel mehr als bloß einen Online-Speicherort. Viele Innovationen sind ohne leistungsstarke Clouds nicht realisierbar. Mit der Justiz NRW haben wir beispielsweise ein Forschungsprojekt zum Kampf gegen Kinderpornografie gestartet. Eine hybride Cloud-Lösung in Kombination mit einem KI-Analyse-Algorithmus filtert verdächtige Inhalte heraus, die dann priorisiert bearbeitet werden können. Dies stärkt die Handlungsfähigkeit der Ermittler – und damit die staatliche Souveränität. Wenn Finanzbehörden mit KI Millionen von Transaktionen auswerten und auf Hinweise für Steuerbetrug analysieren möchten, kommen sie an der Cloud nicht vorbei.
Wie ernst nehmen Sie die staatlichen Aktivitäten in Richtung digitaler Souveränität?
Wir sind im ständigen vertrauensvollen Dialog mit der öffentlichen Verwaltung und der Bundesregierung. Wo es Bedenken gibt, gehen wir auf sie ein. Wo wir mit unserem Know-how unterstützen können, bringen wir es ein. So haben wir der Bundesregierung ein Konzept vorgeschlagen, um Architektur und Betrieb der Bundes-IT in einer Form sicherzustellen, die ihren höchsten technischen Anforderungen an digitale Souveränität entspricht und Innovation mit hoher Geschwindigkeit zulässt. Dies könnte auch einen positiven Beitrag zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes im Sinne einer einheitlichen Plattform leisten.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Februar 2020 von Kommune21 im Schwerpunkt Digitale Souveränität erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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