REPORT:
Gemeinsam statt einsam


[1.3.2010] Im IT-Bereich blickt die interkommunale Zusammenarbeit auf eine lange Tradition zurück und wird angesichts klammer Kassen eine große Zukunft haben. Dabei gibt es unterschiedliche Herangehensweisen, etwa hinsichtlich der Wahl der Partner oder der Rechtsform. Und auch wenn nicht immer eitel Sonnenschein herrscht, spricht vieles für eine Bündelung der Kräfte.

Interkommunale Kooperationen: Herausforderungen mit vereinten Kräften meistern. (Foto: MEV Verlag) IT wäre heute ohne interkommunale Zusammenarbeit nicht mehr bezahlbar, meint Wilfried Kruse, Vorstandsvorsitzender der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako. Deshalb gewinnen interkommunale Kooperationen im IT-Bereich immer mehr an Bedeutung. Und das nicht erst im Zuge der Wirtschaftskrise. Uwe Ufer, Bürgermeister von Hückeswagen, begründet dies folgendermaßen: „Zukünftig sind Spielräume für Städte und Gemeinden nur noch vorhanden, wenn man Kräfte bündelt.“ Meistens sind bei den Kooperationen auch kommunale IT-Dienstleister mit im Boot. So haben Anfang Dezember 2009 drei Städte in Mitteldeutschland und ihre IT-Dienstleister eine Kooperation vereinbart. Zudem wurde bekannt, dass die Städte Frankfurt am Main und Kassel sowie ekom21 bei der Realisierung von E-Government-Projekten zusammenarbeiten wollen. Kurz vor Weihnachten haben zwei Kommunen und der IT-Dienstleister Kommunale Informationsdienste (KID) Magdeburg eine Genossenschaft gegründet. Und zum Jahresanfang haben drei fränkische Städte ihre Ämter für Informationstechnik in einem Kommunalunternehmen zusammengelegt.

Viele Wege, ein Ziel

Das Ziel interkommunaler Kooperationen besteht immer darin, Verwaltungsdienstleistungen bei mindestens gleicher Qualität kostengünstiger anzubieten. Dass es hierzu ganz unterschiedliche Wege gibt, zeigen die aktuellen Beispiele aus Bayern, Sachsen-Anhalt und Mitteldeutschland.
Die mittelfränkischen Städte Fürth, Erlangen und Schwabach haben ihre Ämter für Informationstechnik zum 1. Januar 2010 in einem gemeinsamen Kommunalunternehmen, dem Kommunalen Betrieb für Informationstechnik (KommunalBIT), gebündelt. Am Dienstsitz in Fürth werden künftig 60 Mitarbeiter für die Betreuung von rund 3.000 PC-Arbeitsplätzen zuständig sein, für die Stadt Erlangen wird zusätzlich die IT-Ausstattung der Schulen (circa 2.500 PC-Plätze) beschafft und betreut. KommunalBIT-Vorstand Walter Brosig, früher Leiter des Amtes für Informationstechnik der Stadt Erlangen, erläutert: „KommunalBIT stellt für die drei Städte alle Dienstleistungen für Informations- und Kommunikationstechnik bereit, ohne die Stadtverwaltungen heute nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Dabei werden Skalen- und Synergieeffekte ausgeschöpft, die Steuerung und Verantwortung bleiben aber dennoch in öffentlicher Hand.“
Während die Franken als Gesellschaftsform eine Anstalt des öffentlichen Rechts gewählt haben, haben sich die Stadt Magdeburg, die Gemeinde Barleben und der IT-Dienstleister KID Magdeburg für die Gründung einer Genossenschaft entschieden, um die interkommunale Zusammenarbeit im Bereich IT zu fördern. „Die Kommunen können, sofern es die wirtschaftlichen Interessen der übrigen Genossenschaftsmitglieder nicht benachteiligt, jederzeit Aufgaben auf die Kommunale IT-Union (KITU) übertragen und wieder zurückholen. Dies stellt sich sowohl gegenüber der Rechtsform eines Zweckverbandes als auch gegenüber einem üblichen Outsourcing-Prozess an einen externen Dienstleister als erheblicher Vorteil dar“, erläutert KITU-Vorstand und Geschäftsführer von KID Magdeburg, Michael Wandersleb. Die Konstruktion der Kommunalen IT-Union, für die weitere Mitglieder gewonnen werden sollen, erlaube es, dass Kommunen flexibel und Schritt für Schritt den Betrieb ihrer IT übergeben und/oder optimieren können, ohne zu viele Kompromisse hinsichtlich ihrer vorhandenen Strukturen machen zu müssen. Bereits getätigte Investitionen würden dabei ebenso berücksichtigt wie individuelle Bedürfnisse der Verwaltungen. Die Genossenschaft wird in Zusammenarbeit mit KID Magdeburg IT-Lösungen entwickeln und diese den Mitgliedern zur Verfügung stellen. Als erste konkrete Projekte sind unter anderem ein elektronisches Meldeportal, ein elektronisches Personenstandsregister sowie eine Einkaufsgemeinschaft für Hard- und Software vorgesehen. Perspektivisch werden ein gemeinsamer Hardware- und Software-Support sowie eine gemeinsame Anwendungsbetreuung kommunaler Kernverfahren, sofern diese identisch sind, angestrebt.
KID Magdeburg spielt nicht nur für die KITU eine tragende Rolle, sondern ist auch an der Kooperation beteiligt, welche die Städte Dresden, Leipzig und Magdeburg sowie deren kommunale IT-Dienstleister vereinbart haben. Holger Platz, Beigeordneter in Magdeburg: „Die Elektronisierung der Verwaltungsprozesse erfordert spezielle Kenntnisse einzelner Mitarbeiter der kommunalen IT-Dienstleister. Die müssen wir nicht an allen drei Standorten vorhalten.“ Es sei wesentlich effizienter, Expertise für ein Spezialgebiet an jeweils einem Standort zu bündeln und dieses Wissen den Kommunen von dort aus zur Verfügung zu stellen. Die IT-Dienstleister KID Magdeburg, Lecos und Eigenbetrieb IT-Dienstleistungen Dresden sehen es darüber hinaus als Vorteil der Kooperation an, ihre Interessen künftig mit mehr Nachdruck in Branchenverbänden vertreten zu können. Die drei Dienstleister überlegen laut Lecos-Geschäftsführer Peter Kühne bereits seit mehreren Jahren, inwiefern die durch den Föderalismus bedingte Kleinstaaterei im kommunalen IT-Dienstleistungsbereich minimiert werden könne. Leider lasse das Vergaberecht hier nur wenig Spielraum. Kühne: „Eine Fusion kommunaler IT-Service-Provider ist eines der komplexesten Themenfelder im Zuge interkommunaler Zusammenarbeit. Die Städte Magdeburg, Dresden und Leipzig und deren IT-Dienstleister haben sich deshalb entschlossen, zunächst auf Ebene einer Kooperation im IT-Bereich verstärkt zusammenzuarbeiten.“ Die Ergebnisse würden zeigen, inwiefern ein weiteres und näheres Zusammenrücken nicht nur sinnvoll, sondern auch umsetzbar ist. Zunächst einmal sollen Einkaufsvorteile genutzt und ausgewählte Themenfelder gemeinsam betrachtet werden.

Nordrhein-westfälische Modelle

Welche konkreten Ergebnisse eine gemeinsame Betrachtung und Bearbeitung von Themenfeldern haben können, zeigen Beispiele aus Nordrhein-Westfalen. Im Rahmen des Modellvorhabens Vernetzte Verwaltung (wir berichteten) arbeiten insgesamt 13 Kommunen noch bis zum Sommer in den Teilprojekten Personalverwaltung, digitale Postbearbeitung, Finanz-Management und verbesserte Wirtschaftlichkeit des kommunalen Leistungsangebots zusammen. Die Einrichtung einer Servicestelle Personal oder eines gemeinsamen Finanzzentrums verdeutlichen den Erfolg der interkommunalen Zusammenarbeit, auch wenn der Weg dorthin manchmal steinig war. So war neben rechtlichen und technischen Aspekte auch der Faktor Mensch zu berücksichtigen, denn mit Veränderungen sind immer auch Ängste, Sorgen und Verunsicherungen verbunden. Nicht zuletzt setzen derartige Projekte Veränderungsbereitschaft voraus, welche von der Verwaltungsspitze vorgelebt und den politischen Gremien mitgetragen wird.
Ähnliche Erfahrungen wurden auch im Rahmen eines anderen nordrhein-westfälischen Projekts gemacht. Im Zuge des Modellvorhabens Shared Services haben die vier oberbergischen Kommunen Hückeswagen, Wipperfürth, Radevormwald und Marienheide erprobt, welche Verwaltungsaufgaben in Shared-Services-Einheiten zusammengefasst werden können. In dem Abschlussbericht heißt es, dass sich in den sechs Einzelprojekten neben zahlreichen immateriellen Vorteilen ein jährliches Einsparvolumen von 1,5 Millionen Euro ergeben hat. Dieses resultiere aus der Zusammenlegung mehrerer Organisationseinheiten, die mit höheren personellen und sachlichen Kapazitäten verbunden ist, und ihrer Optimierung. Positive Ergebnisse also. Aufwand und Schwierigkeiten sollten jedoch nicht unterschätzt werden, meint Uwe Ufer, Bürgermeister der Stadt Hückeswagen. Als Gründe für den größeren Aufwand werden in dem Abschlussbericht unter anderem die Vielzahl der Beteiligten, juristische Komponenten sowie politische Einflüsse genannt. Letzteres kann Uwe Ufer unterschreiben: „Gerade die notwendige Beteiligung der Politik an dem Entscheidungsprozess hat in vielen Bereichen zu Verzögerungen geführt. Dabei müssen oftmals Befindlichkeiten berücksichtigt werden, die nicht immer mit sachlichen Argumenten gefasst werden können. In unserem konkreten Fall haben Schwierigkeiten in der Abstimmung sogar dazu geführt, dass ein Partner sich gar nicht mehr an den Ergebnissen des Projektes beteiligt.“ Dennoch haben laut Ufer die Ergebnisse den Aufwand und die Schwierigkeiten gerechtfertigt. So arbeite eine zentrale Vergabestelle für die drei verbleibenden Kommunen bereits seit längerer Zeit erfolgreich, ein zentrales Gebäude-Management und eine zentrale Vollstreckung befänden sich momentan in der Einrichtung. Zudem seien die Arbeiten zur Errichtung eines gemeinsamen Bauhofes für zwei Kommunen in vollem Gange. Das Modellprojekt Shared Services, so Ufer, hat sich als zukunftsweisendes Konzept erwiesen, das gerade in Zeiten leerer Kassen neue Spielräume für Kommunen eröffnet. (rt)

http://www.kommunalbit.de
http://www.kitu-genossenschaft.de
Zum Abschlussbericht des Modellprojekts Shared Services (Deep Link)

Stichwörter: Interkommunale Kooperation, KommunalBIT, Kommunale IT-Union (KITU), Lecos, KID Magdeburg, Vernetzte Verwaltung, Shared Services, Uwe Ufer, Michael Wandersleb, Peter Kühne, Wilfried Kruse



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