Digitale Verwaltung:
Ein Blick nach vorne


[9.3.2016] Ein zentrales Servicekonto, über das Nutzer unabhängig vom Wohnsitz auf digitale Verwaltungsangebote aller föderalen Ebenen gelangen – könnte so das E-Government der Zukunft aussehen? Und welche Voraussetzungen müssten dafür erfüllt sein?

Eine Behördenplattform für alle: Illusion oder Zukunft? Die Digitalisierung erfasst nicht zuletzt die Organisation des öffentlichen Lebens durch den Staat. Doch gerade die Beurteilung digitaler Verwaltungsservices fällt eher negativ aus: wenig nutzerfreundlich, unübersichtlich, zu fragmentiert und zu kompliziert. 64 Prozent der Bürger stufen die digitale Verfügbarkeit von Verwaltungsdienstleistungen zwar als wichtig ein, doch nur 25 Prozent nutzen digitale Kanäle, um Verwaltungsvorgänge zu erledigen. In der Accenture-Studie Digital Pulse Survey aus dem Jahr 2015 gaben 55 Prozent der deutschen Befragten an, dass sie zehn Prozent oder noch weniger ihrer Behördengänge auf digitalem Wege erledigen. Mit dem derzeitigen Angebot digitaler Verwaltungsservices sind 77 Prozent der Deutschen unzufrieden. Nutzer erwarten, dass Dienstleistungen von überall und zu jeder Zeit verfügbar sind. Das gilt auch für die Angebote des Staats. Hier spielen außerdem Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit eine große Rolle. Die Technologie kann das leisten, doch fehlt nach wie vor ein umfassendes, interoperables Angebot. Hier könnte ein Servicekonto als individualisierte Behördenplattform eine Lösung sein – ein zentraler Zugang, der Bürger und Unternehmen unkompliziert durch Verwaltungsverfahren begleitet.

Hindernisse überwinden

Mit einem interoperablen Servicekonto wäre ein Zugriff auf digitale Services aller föderalen Ebenen unabhängig vom Wohnsitz realisierbar. Das Servicekonto wäre nach Lebenslagen sortiert und würde den Bürger durch seine konkret zu erledigenden Behördengänge leiten: von der Kinderbetreuung über die Berufsausbildung oder Zuwanderung bis hin zur Geburt oder Existenzgründung. Die Stammdaten des Nutzers würden automatisch in Online-Formulare übertragen werden. Über ein Postfach und elektronische Bezahlsysteme könnten Behördengänge zu jeder Zeit und von überall erledigt werden. Für den Schutz der persönlichen Daten würden mehrstufige Authentifizierungsverfahren bei der Anmeldung sorgen. Servicekonten können dazu beitragen, dass Verfahrensschritte künftig automatisiert und bestimmte Behördengänge überflüssig wären. Der Nutzer müsste notwendige Nachweise und Dokumente nicht selbst besorgen, weil diese nach seiner Zustimmung zwischen den Behörden selbstständig ausgetauscht werden. Unter dem Namen Mein Servicekonto könnte das digitale Angebot Bürgern und Unternehmen die notwendigen, aber oftmals lästigen Behördengänge leichter machen. Sie ließen sich nicht nur schneller, sondern auch effizienter erledigen und brächten allen Beteiligten einen Mehrwert. Welche Hindernisse müssten überwunden werden, damit Bürger und Unternehmen von digitalen und individualisierten Verwaltungsangeboten tatsächlich profitieren? Dies verdeutlicht ein Beispiel: Nehmen wir an, Laura wohnt in München und möchte ein Café in Heidelberg eröffnen. Der dafür notwendige Behördengang stellt sie vor viele Fragen: Kann Laura mit ihrem bayerischen Servicekonto auf Behördenleistungen im baden-württembergischen Heidelberg zugreifen? Wieso kann sie sich nur mit der eID des neuen Personalausweises einloggen? Gibt es eine Übersicht darüber, welche Dienstleistungen sie in welcher Reihenfolge erledigen muss? Warum kann sie Anträge nicht online signieren und digital versenden, sondern muss immer noch den Gang zur Behörde auf sich nehmen? Wieso muss sie Papierdokumente bei der einen Behörde beantragen und bei einer anderen einreichen?

Aktionsplan Servicekonto

Im Zuge eines digitalen, effizienten und nutzerfreundlichen Verwaltungsangebots sollten sich diese Fragen so nicht mehr stellen. Damit Bürger und Unternehmen von einer individualisierten Behördenplattform profitieren können, müssten bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Etwa die vollständige Digitalisierung der Daten und Verfahren. Dann müssten sichere und interoperable Portallösungen mit einer Schnittstelle zu Dienstleistungen auf allen föderalen Ebenen implementiert werden. So wäre der Zugriff auf digitale Services ebenenübergreifend und unabhängig vom Herkunftsland möglich. Die wichtigste Voraussetzung für die Akzeptanz digitaler Verwaltungsservices ist das Vertrauen der Nutzer. Daher muss die Sicherheit ihrer Daten gewährleistet sein. Das Servicekonto würde diesem Anspruch gerecht werden, denn der Nutzer behält die volle Kontrolle über seine Daten und muss der Verwendung von Dokumenten und Daten explizit zustimmen. Auf dem Weg zur Digitalen Verwaltung 2020 braucht es smarte und nutzerfreundliche Lösungen. Mein Servicekonto als interoperables, individualisiertes Angebot könnte eine solche Lösung darstellen.

Catrin Hinkel ist Geschäftsführerin für den Bereich Gesundheitswesen und Öffentliche Verwaltung bei Accenture in Kronberg im Taunus.

http://www.accenture.com
Dieser Beitrag ist in der März-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Panorama, Accenture, Servicekonto

Bildquelle: PEAK Agentur für Kommunikation

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