[19.2.2014] Im europäischen Vergleich der E-Government-Services zeigt Deutschland großen Nachholbedarf. Eine Vorbildfunktion übernimmt Estland. Das ist das Ergebnis eines jetzt veröffentlichten Länder-Rankings, das auch übertragbare Erfolgsfaktoren auflistet.
Ein vom Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation herausgegebenes Länder-Ranking zeigt, dass Deutschland bei der Digitalisierung von Behördengängen Nachholbedarf hat. Wie das Institut meldet, beleuchtet die Analyse anhand ausgewählter Beispiele die Angebotslandschaft an digitalen Verwaltungsservices in sieben europäischen Ländern. Dabei rangiere Deutschland hinter anderen europäischen Ländern wie Österreich, Spanien oder Estland. So sind etwa die Bürgerdienste rund um die Themen Wohnsitz, Umzug oder die Gründung von Unternehmen im Gegensatz zu den europäischen Nachbarn bislang nicht online verfügbar. Vorreiter bei der Digitalisierung öffentlicher Services ist Estland. Die dortigen Erfolgsfaktoren und deren Übertragbarkeit beleuchtet das Institut in einem gesonderten Bericht. „In Anbetracht der jährlichen IT-Ausgaben in Höhe von 18 Milliarden Euro, das entspricht etwa sechs Prozent des Bundeshaushalts, ist das Angebot digitaler Services in Deutschland enttäuschend“, sagt David Deißner, Leiter Strategie und Programme beim Vodafone Institut. Im Kontext der aktuellen Diskussion um Datensicherheit und Privatheit gewinne die Frage nach der Gestaltung und öffentlichen Akzeptanz von E-Government an Brisanz. „Der vorliegende Bericht will einen Beitrag zu der Debatte leisten, wie die Digitalisierung des öffentlichen Sektors transparent, nutzerfreundlich, europaweit anschlussfähig und damit im Interesse der Bürgerinnen und Bürger gestaltet werden kann.“
Wie das Institut meldet, werden auf Grundlage ausführlicher Interviews mit E-Government-Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Maßnahmen und Beispiele genannt, die auch andernorts zum Erfolg von E-Government beitragen können. Demnach sollten Anreize gesetzt und Belohnungen vergeben werden, um die Nutzung digitaler Dienste zu fördern. Vorgeschlagen wird etwa eine schnellere Bearbeitung von behördlichen Vorgängen. Zudem sollen verschiedene, einfach bedienbare Authentifizierungssysteme, auch über mobile Endgeräte, bereitgestellt und zusätzliche Kosten für den Bürger vermieden werden. Die Akzeptanz von staatlichen Online-Angeboten steige, wenn nachvollziehbar ist, wann und aus welchen Gründen Behörden die eigenen Daten eingesehen und verarbeitet haben.
So können Bürger in Estland beispielsweise online prüfen, wann die Polizei über das Kfz-Kennzeichen Daten abgefragt hat. Auch Bearbeitungsstände können im Internet eingesehen werden. Im Gegensatz zu einer papierbasierten Verwaltung gebe es zudem neue Möglichkeiten, unerlaubte Zugriffe auf persönliche Daten nachzuvollziehen und zu ahnden. Der Aufbau einer digitalen Infrastruktur ist dabei eine zentrale Voraussetzung für einen effektiven und kontrollierten Informationsaustausch zwischen Bürgern und Verwaltungseinheiten. In Estland werden digitale Services dezentral über so genannte Datenstraßen anstatt über große staatliche Datenbanken bereitgestellt. Das ermöglicht etwa das teilweise automatische Ausfüllen der Steuererklärung. Eine weitere Voraussetzung ist die digitale Unterschrift, die auch über mobile Endgeräte möglich ist. Online Services müssen außerdem dem Bürger einen klar erkennbaren Mehrwert bieten. E-Government-Angebote sollten daher nicht nur vorhandene Verwaltungsprozesse in die digitale Welt übertragen, sondern Prozesse verschlanken und bündeln. So ermöglicht in Estland die digitale Unterschrift eine Zeitersparnis im Wert von zwei Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts.
Der Bericht unterstreicht auch die hohe Relevanz einer grenzübergreifend anschlussfähigen, digitalen Infrastruktur in Europa. Die digitale Unterschrift und die Nutzung bestimmter Behördengänge über Landesgrenzen hinweg reduziere angesichts zunehmender Mobilität den Bürokratieaufwand und die Kosten für Unternehmen und Bürger. Auch aufseiten nationaler Behörden sinke der Arbeitsaufwand. Die Analyse wurde vom Zentrum für sichere Informationstechnologie Austria erstellt.
(ve)
http://www.vodafone-institut.deErfolgsbedingungen von E-Government am Beispiel Estlands (PDF, 1,4 MB) (Deep Link)
E-Government-Dienste in Europa – ein Vergleich (PDF, 1,0 MB) (Deep Link)
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Bildquelle v.o.n.u.: Tallinn City Tourist Office & Convention Bureau/Marko Leppik, www.eesti.ee