Erlangen:
Effizienter Winterdienst


[14.1.2022] Eine Internet-of-Things-Lösung erleichtert in Erlangen die Arbeit des Betriebs für Stadtgrün, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung. Damit kann beispielsweise der Winterdienst seine Streufahrzeuge effizienter einsetzen und unnötige Fahrten vermeiden.

Dank einer IoT-Lösung kann der Erlanger Winterdienst besser planen. Die Digitalisierung von Arbeitsprozessen bietet städtischen Betrieben ein großes Potenzial. Besonders dort, wo bislang auf Verdacht entschieden wird und kein direktes Feedback aus dem Feld vorhanden ist, führen Lösungen auf Basis des Internet of Things (IoT) zu großen Einsparungen. So zum Beispiel beim Befüll- oder Entleerungsprozess von Streugutbehältern, öffentlichen Abfallkörben oder Glas- und Altkleidercontainern. Denn bislang beruhen Fahrten zur Entleerung oder zum Auffüllen von Behältern meist auf etablierten Routen oder Erfahrungswerten, wird also aufgrund von Vermutungen und Gewohnheiten gearbeitet.
Diese Vorteile durch die Digitalisierung alltäglicher Prozesse sieht auch Jörg Winkler, Fachbereichsleiter im Betrieb für Stadtgrün, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung der Stadt Erlangen, der zugleich für den Winterdienst verantwortlich ist. Deshalb arbeitet der Betrieb seit einigen Jahren gemeinsam mit der Firma Sentinum aus Nürnberg da­ran, ein flächendeckendes Netzwerk aus IoT-Sensoren im städtischen Einzugsgebiet aufzubauen. Ziel ist es, sämtliche kritischen Parameter auf einen Blick überwachen zu können. Hierfür wurde eine innovative Gesamtlösung geschaffen, die nicht nur den Winterdienst im Arbeitsalltag unterstützt, sondern sich ebenso auf die Abfallwirtschaft erweitern lässt. Die Lösung besteht aus mehreren Komponenten. Die Basis bilden energieautarke und drahtlose Funksensoren von Sentinum. Je nach Anwendungsfall messen diese unterschiedliche Parameter wie Temperatur oder Füllstand und senden die gemessenen Werte über die Funktechnologien LoRaWAN, mioty oder NB-IoT.

Auf Wetterverhältnisse angemessen reagieren

In Erlangen überwachen die drahtlosen Sensoren zum Beispiel die lokale Wetterlage an kritischer Infrastruktur. Für den Winterdienst sind insbesondere Daten zur Umgebungstemperatur, zur relativen Luftfeuchte, zum Taupunkt sowie die Straßenoberflächentemperatur an Brücken oder abgelegenen Orten entscheidend. Bislang wurden bei unsicherer Wetterlage Kontrollfahrten veranlasst, um auf die teilweise lokal sehr unterschiedlichen Straßen- und Wetterverhältnisse angemessen reagieren zu können, zum Beispiel durch Entsenden von Streufahrzeugen.
Durch die IoT-Wetterstationen vor Ort können die kritischen Parameter nun in Echtzeit von jedem Computer oder Handy aus überwacht werden – ganz ohne Eingriff in die lokale IT-Infrastruktur oder die Installation von aufwendigen Programmen. Auf Basis der Erkenntnisse werden die Prioritäten für die Streufahrzeuge geplant und unnötige Fahrten vermieden. „Unsere Rufbereitschaft schaut im Winter jeden Morgen in das System und kann direkt sehen, ob Kontrollfahrten notwendig sind und wie sich das Wetter in den vergangenen Stunden entwickelt hat“, erklärt dazu Fachbereichsleiter Jörg Winkler.

Füllstände im Blick

Darüber hinaus werden zahlreiche Füllstandsensoren eingesetzt. Die Stadt Erlangen verfügt über hunderte von Streugutbehältern, die zum einen für den städtischen Betrieb genutzt werden, zum anderen öffentlich sind und den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen. Ein Ärgernis also nicht nur für die städtischen Mitarbeitenden, wenn die Behälter leer sind, obwohl sie gerade dringend benötigt würden. Deshalb wurden bisher regelmäßig Auffüll- und Kontrollfahrten durchgeführt, um die Füllstände sowie den Zustand der Streugutbehälter zu prüfen. Dank der drahtlosen Füllstandsensoren gehören unnötige Fehlfahrten in Erlangen nun der Vergangenheit an, da zu jedem Zeitpunkt eindeutig ist, wieviel Streugut wo zur Verfügung steht. Darüber hinaus warnen die Sensoren bei Vandalismus oder wenn der Behälterdeckel nicht ordnungsgemäß geschlossen wurde. So kann der Winterdienst schnell reagieren und eventuell Schäden vermeiden. „Früher wussten wir nie genau, wie viel Streugut noch im Behälter ist“, meint Jörg Winkler. „Heute sehen wir eindeutig, wo wie viel drin ist.“ Im vergangenen Winter habe die Stadt dadurch zum ersten Mal auf ein ansonsten immer benötigtes Einsatzfahrzeug für Auffüllfahrten verzichten können.

Einfache Montage, einfacher Zugriff

Egal, ob die Wetterlage oder der Füllstand detektiert werden soll, die IoT-Sensoren lassen sich in wenigen Minuten mit einfachen Handgriffen montieren und aktivieren, was auch durch den Winterdienst selbst erfolgen kann. Die Daten werden auf den Sensoren vorverarbeitet und in engen Intervallen entweder über LoRaWAN, NB-IoT oder mioty gesendet. Dank der Unterstützung mehrerer Funkstandards lassen sich nahezu überall flächendeckend Sensornetzwerke aufbauen. So können zum Beispiel Lücken im LoRa-Netz einfach durch mioty oder NB-IoT-Sensoren kompensiert werden.
Sämtliche Daten landen in Echtzeit in der Web-Anwendung von Sentinum. Hierfür ist kein Eingriff in die bestehende IT-Infrastruktur des Betriebs für Stadtgrün, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung notwendig und es kann von jedem internetfähigen Endgerät aus da­rauf zugegriffen werden. Auf einer Karte werden die verbauten Sensoren angezeigt und Warnungen ausgegeben, sobald Grenzwerte überschritten werden, Glatteis droht oder ein Deckel offensteht. Mit dem Überblick über die tatsächlichen Situationen vor Ort lassen sich Einsätze oder Routen dann effizienter planen.

Automatisierte Prognosen

Aber nicht nur das große Ganze soll auf einen Blick erfasst werden. Auch Temperaturverläufe und historische Daten werden gespeichert. So ist es möglich, Abschätzungen über zukünftige Ereignisse zu geben oder nicht genutzte Streugutbehälter an Orten zu positionieren, an denen mehr Bedarf besteht. Hierfür sollen in Zukunft verstärkt Algorithmen der künstlichen Intelligenz und Machine Learning zum Einsatz kommen. Vorhersagen und Optimierungsvorschläge sollen somit automatisch durch die Lösung generiert werden. Um das System abzurunden, hat der Winterdienst Erlangen in seiner Web-Anwendung außerdem Zugriff auf die Daten des Deutschen Wetterdienstes und auf die Live-Bilder seiner Autobahnen und kann somit zu jedem Zeitpunkt die Großwetterlage sowie lokale Straßenverhältnisse mit Bild und Umweltdaten überwachen. Sollten Streueinsätze notwendig sein, ist durch die Überwachung der Streugutkisten sichergestellt, dass immer ausreichend Streugut für die Mitarbeitenden des Winterdienstes sowie die Bürgerinnen und Bürger vorhanden ist.

Einsparungen dank Transparenz

Durch das neue Gesamtsystem, das Fachbereichsleiter Jörg Winkler maßgeblich mitgestaltet hat, kann der Winterdienst der Stadt Erlangen im täglichen Betrieb mit optimierten Prozessen und mehr Transparenz erhebliche Einsparungen erzielen und Mitarbeiter gezielter einsetzen. Geplant ist daher, das System in den kommenden Jahre kontinuierlich auf den Bereich Abfallwirtschaft auszubauen. Hierfür sollen großflächig im gesamten Einzugsgebiet die öffentlichen Papierkörbe und Container mit Sensoren ausgestattet werden. Auch für diese Behälter wurde die Pilotphase bereits erfolgreich absolviert. Sentinum arbeitet derzeit an einer inte­grierten Lösung zur automatisierten Routenplanung – der Abfallwirtschaft würde dann täglich eine individuelle und optimierte Entleerungsroute vorgeschlagen. Jörg Winkler: „In Zukunft werden dann nur noch die Behälter angefahren, die tatsächlich geleert werden müssen. Dadurch lassen sich enorme Einsparungen erzielen.“

Johannes Ollech ist Geschäftsführer bei der Sentinum GmbH, Nürnberg.

https://www.erlangen.de
https://www.sentinum.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2022 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Smart City, Erlangen, Sentinum, Winterdienst, IoT, LoRaWan

Bildquelle: Igor Link/stock.adobe.com

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Smart City
Kaiserslautern: Dank AORTA schneller zum Einsatzort
[28.6.2024] Im Rahmen des vom Bund geförderten Smart-City-Projekts AORTA arbeiten die Stadt und die RPTU Kaiserslautern an einem intelligenten Routing, sodass Einsatzkräfte künftig schneller und sicherer ans Ziel gelangen. mehr...
Smart-City-Projekt AORTA soll dafür sorgen, dass Einsatzfahrzeuge in Notsituationen schneller und sicherer ans Ziel gelangen.
Lübeck: Smarter anlegen im Port of Lübeck
[27.6.2024] Der Lübecker Hafen – einer der größten Ostseehäfen Deutschlands – wird smarter. Im Ramen eines Förderprojekts werden Sensoren erprobt, die Strömungs- und Winddaten sowie die Belegung von Anlegern erfassen. Auf einer Datenplattform sollen diese Informationen Lotsen und Kapitänen wie auch Planern zur Verfügung gestellt werden. mehr...
Der Port of Lübeck ist ein wichtiger logistischer Knotenpunkt. Smarte Technik soll die Koordination auf dem und am Wasser erleichtern.
Smart City Manager: Qualifizierungsprogramm made in Brandenburg
[27.6.2024] Um kommunale Mitarbeiter dafür zu qualifizieren, die digitalen Herausforderungen ihrer Städte und Gemeinden anzugehen, wurde in Brandenburg ein Weiterbildungsprogramm aufgelegt. Nach mehreren erfolgreichen Durchgängen wird dieses jetzt von der KTS übernommen und bundesweit angeboten. mehr...
Kreis Mayen-Koblenz: LoRaWAN-Antenne installiert
[27.6.2024] Auf dem Dach des CJD-Berufsförderungswerks in Vallendar ist jetzt eine LoRaWAN-Antenne installiert – sie ist ein wichtiger Baustein des Projekts „Smarte Region MYK10“. mehr...
Der Erste Kreisbeigeordnete Pascal Badziong, Vallendars Bürgermeister Adolf Schneider und BFW-Geschäftsführer Heinz Werner Meurer freuen sich mit den Projektbeteiligten über den Aufbau der ersten LoRaWAN-Antenne im Kreis MYK.
Lübeck: Digitalbeirat geht in die Verlängerung
[26.6.2024] Der Beirat Lübeck Digital, der seit 2022 besteht, geht in eine einjährige Verlängerung. Auf seiner jüngsten Sitzung informierte sich das Gremium zum Stand aktueller Vorhaben. Zudem lernten die Gremiumsmitglieder Sensoren kennen, mit denen künftig smarte Daten gesammelt werden sollen. mehr...
Die Smart City Lübeck setzt auch auf Datenspenden ihrer Bürgerinnen und Bürger, um Informationen zu Themen wie Klima und Verkehr zu gewinnen.
Weitere FirmennewsAnzeige

Besuchersteuerung: Das neue Einbürgerungsgesetz stellt Behörden vor zusätzliche Herausforderungen
[12.6.2024] Am 27. Juni 2024 tritt das neue deutsche Einbürgerungsgesetz in Kraft. Damit verkürzt sich die Mindestaufenthaltsdauer für eine Einbürgerung von derzeit acht auf fünf Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen sogar auf bis zu drei Jahre. Demzufolge werden Ausländerbehörden künftig mehr Anträge auf Einbürgerung bearbeiten müssen. Allerdings stoßen bereits heute viele Ausländerbehörden an ihre Kapazitätsgrenzen. Magdalene Rottstegge, zuständig für das Business Development bei der SMART CJM GmbH, erläutert, wie Ämter das erhöhte Arbeitsaufkommen besser bewältigen können. mehr...

E-Rechnung: Für den Ansturm rüsten
[31.5.2024] Die E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich kommt. Kommunen sollten jetzt ihre IT darauf ausrichten. Ein Sechs-Stufen-Plan, der als roter Faden Wege und technologische Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, kann dabei helfen. mehr...
Suchen...

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Aktuelle Meldungen