Digitale Souveränität:
Die Lock-in-Falle umgehen


[19.1.2022] Um echte digitale Souveränität zu erlangen und nicht wieder in einer Lock-in-Falle zu landen, muss die öffentliche Hand bei der Bundescloud auf das passende Betreibermodell setzen. Alternativangebote zu den so genannten Hyperscalern sind daher nach Angaben von Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance (OSBA), dringend erforderlich.

Peter H. Ganten – CEO Univention und Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance
Die Ministerien erwägen eine von Microsoft oder Google getragene Bundescloud. Das beinhaltet nach Angaben von Peter Ganten, Geschäftsführer des Unternehmens Univention sowie Mitbegründer und seit dem Jahr 2011 Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance (OSBA), nicht nur Chancen, sondern birgt auch Gefahren. „Digitale Souveränität bedeutet, Kontrolle über Datenflüsse ausüben und digitale Systeme unabhängig nutzen und gestalten zu können“, so Ganten. „Dafür ist zwingend die Möglichkeit zur Einsicht und Veränderung des Quellcodes erforderlich.“
Soll eine Cloud digitale Souveränität ermöglichen, muss sie in einem Rechenzentrum der eigenen Wahl betrieben werden, ihre Funktionsweise anhand des Quellcodes von unabhängigen Institutionen geprüft und herstellerunabhängig auf Fehler und Sicherheitslücken untersucht werden können. Außerdem lassen sich vorhandene Schnittstellen und Funktionen individuell anpassen und weiterentwickeln.
US-Behörden können amerikanische Unternehmen zur Herausgabe von Daten verpflichten, auch wenn diese sich in Rechenzentren außerhalb der USA befinden. „Durch den Betrieb der Cloud-Software der Hyperscaler durch europäische Unternehmen soll dieses Problem gelöst werden. Allerdings können die Hersteller mit Updates jederzeit Hintertüren einbauen oder nachrüsten – um beispielsweise Sicherheitsbehörden anderer Länder gezielt mit Informationen zu versorgen“, erklärt Peter Ganten. Das sei in der Vergangenheit immer wieder geschehen und lasse sich ohne allgemein verfügbaren Quellcode praktisch nicht überprüfen. „Die Hoffnung auf höhere Datensicherheit kann sich bei solchen Betreibermodellen schnell als Trugschluss erweisen“, lautet deshalb das Fazit von Peter Ganten.
Die größte Gefahr bei der Einführung proprietärer Cloud-Systeme geht nach Ansicht des OSBA-Vorstandsvorsitzenden von der Festlegung auf Schnittstellen aus, die von Dritten kontrolliert werden (können). Ganten: „Wenn eine größere Zahl von Anwendungen und Fachverfahren diese Schnittstellen nutzt, ist ein Wechsel später praktisch ausgeschlossen. Das führt dazu, dass Organisationen wieder in einer Lock-in-Falle landen, die noch einmal deutlich stärker ist als die bisher schon sehr ausgeprägte Erpressbarkeit in Kombination mit zahlreichen Sicherheits- und Flexibilitätsaspekten. Die öffentliche Hand müsste für solche Lösungen später praktisch jeden Preis zahlen. Doch damit nicht genug: Sie müsste bei der Software-Entwicklung und -Anpassung sich ändernden Anforderungen der Hersteller folgen, statt selbst innovative Lösungen zu schaffen.“
Ganten fordert die öffentliche Hand daher auf, schnellstmöglich dafür zu sorgen, dass Alternativangebote zu Hyperscalern entstehen können. Behörden sollten zumindest Leistungen von zwei unterschiedlichen Anbietern beziehen können, also eine Dual-Sourcing-Möglichkeit haben. „Exakt dafür muss es alternative Anbieter auch in Deutschland und Europa geben, die über das nötige Know-how verfügen, um Digitale Souveränität liefern zu können“, erklärt OSBA-Vorstandsvorsitzender Peter Ganten weiter. „Die Voraussetzung hierfür sind Investitionen, durch die ein Ökosystem entsteht, in dem umfassendes Know-how aufgebaut wird, sodass bestehende Unternehmen wachsen und Neugründungen möglich werden. Wenn die Schaffung der notwendigen Alternativen nicht gelingt, wird die Abhängigkeit von den großen Hyperscalern weiter zementiert.“ (bw)

https://osb-alliance.de
www.univention.de

Stichwörter: IT-Infrastruktur, Univention, Cloud Computing, Digitale Souveränität, Open Source Business Alliance (OSBA)

Bildquelle: Univention GmbH

Druckversion    PDF     Link mailen


 Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich IT-Infrastruktur
Kreis Uelzen: Stabssoftware CommandX wird erprobt
[31.7.2024] Im Landkreis Uelzen wird die Stabssoftware CommandX pilotiert. Diese soll im Katastrophenfall die Kommunikation aller Stäbe und Stellen vereinfachen und beschleunigen. Bis zum Jahresende soll die Lösung an zahlreichen Stellen in ganz Niedersachsen ausgerollt sein. mehr...
Im Katastrophenfall ist eine reibungslose Kommunikation aller beteiligten Stabsstellen wichtig. Die Software CommandX, die im Kreis Uelzen pilotiert wird, soll das für Niedersachsen sicherstellen.
Riegelsberg: Server werden ausgelagert
[31.7.2024] Die saarländische Gemeinde Riegelsberg lagert ihre Server in das Rechenzentrum des Telekommunikationsanbieters VSE NET aus. Finanzielle Unterstützung kommt von der Landesverwaltung. mehr...
Bürgerassistenz: Effektive Unterstützung Bericht
[25.7.2024] Als Bürgerassistenz bleiben die typischen, regelbasierten KI-Bots hinter den Erwartungen zurück. Das Fraunhofer-Institut FOKUS hat untersucht, wie diese besser werden können – etwa indem Online-Dienste und Formulare mit Sprach-Schnittstellen erweitert werden. mehr...
Der Hamburger Kindergeld-Service hat einen Sprachassistenten.
govdigital/BTC: Cloud-Broker für den Public Sector
[18.7.2024] Das Unternehmen BTC hat von der Genossenschaft der öffentlichen IT-Dienstleister, govdigital, den Zuschlag erhalten, um souveräne Clouddienstleistungen für govdigital-Mitglieder und deren Kunden in Deutschland bereitzustellen. Der Zugang zu souveränen Cloudanbietern wie auch zu Hyperscaler-Diensten soll damit erleichtert werden. mehr...
Cloud-Broker sollen den Zugang zu einer Vielzahl von Clouddiensten – mit deren spezifischen Vorteilen – erleichtern.
Gelsenkirchen: KI meets Ordnung Bericht
[18.7.2024] Im Rahmen des Projekts KI meets Ordnung sammelte die Stadt Gelsenkirchen erfolgreich erste Erfahrungen mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Das Vorhaben konnte auch bestehende Vorbehalte gegenüber der neuen Technologie entkräften. mehr...
KI hilft dem Ordnungsdienst in Gelsenkirchen.
Suchen...

 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich IT-Infrastruktur:
TSA Public Service GmbH
06108 Halle (Saale)
TSA Public Service GmbH
GISA GmbH
06112 Halle (Saale)
GISA GmbH
regio iT GmbH
52070 Aachen
regio iT GmbH
Telecomputer GmbH
10829 Berlin
Telecomputer GmbH
Aktuelle Meldungen