[14.4.2020] Bedingt durch die Corona-Krise müssen öffentlich-rechtliche Beschaffungen binnen weniger Tage abgewickelt werden. Dabei dürfen die Bestimmungen der Dringlichkeitsvergabe nicht unterlaufen werden. Haftbar ist immer der Behördenchef, mitunter aber auch Abteilungs- und Amtsleiter bis hin zum Sachbearbeiter.
Wegen der Corona-Krise müssen derzeit zahlreiche öffentlich-rechtliche Beschaffungen binnen Tagen durchgeführt werden. Hinweise zur rechtssicheren Abwicklung gibt jetzt Thomas Bernd, Fachanwalt bei der Eisenbeis Rechtsanwälte Partnerschaft, und verweist dazu auf eine Handreichung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu den so genannten Dringlichkeitsvergaben im Vergaberecht vom 19. März 2020. „Der Schwellenwert, um für Corona bedingte Beschaffungen nicht wenigstens drei Angebote anfragen zu müssen, liegt bei 214.000 Euro“, sagt Bernd. Unterhalb dieses Betrags könne ein Auftrag freihändig an einen Partner des Vertrauens vergeben werden. Oberhalb dieses Betrags müssen hingegen mindestens drei Angebote eingeholt werden. Diese dürfen angesichts der Dringlichkeit auch mit Fristen von nur wenigen Stunden hinterlegt werden. „Wenn innerhalb dieser Frist nur ein Angebot eingeht, ist das rechtskonform und es kann der Auftrag an diesen Bieter zu dessen Preis vergeben werden“, erklärt der Vergaberechtsexperte.
Zu bedenken seien die Schwellenwerte auch dann, wenn beispielsweise ein Lazarett ausgeschrieben wird, für das Container, beheizbare Zelte, Feldbetten und mehr benötigt werden. Hier dürfen die einzelnen Positionen nicht separat ausgeschrieben werden, um unter dem Schwellenwert und damit der gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibung zu bleiben. Ähnlich verhält es sich laut Bernd auch mit der Corona gemäßen Ausstattung von Großraumbüros. „Hier muss der Verantwortliche die Gesamtkosten für Schreibtische, PCs und so weiter kalkulieren. Kommt er dabei über den Schwellenwert, muss er gleichfalls für jedes einzelne Gewerk drei Angebote einholen.“
Auch in der aktuellen Stresssituation dürfen die Bestimmungen der Dringlichkeitsvergabe nicht unterlaufen werden, warnt Thomas Bernd. Andernfalls sei eine Vergabe auch im Nachgang juristisch anfechtbar. Haftbar sei dabei immer der Behördenchef, also Bürgermeister oder Landräte, aber auch Abteilungs- und Amtsleiter bis hin zum Sachbearbeiter seien mit in der Haftung. Die persönliche Haftung wiederum kann Ermittlungen wegen Korruptionsstraftaten nach sich ziehen, die mit Geld- und Haftstrafen von bis zu drei Jahren bewehrt sind. In besonders schweren Fällen oder bei Wiederholung drohen auch die Entlassung aus dem Staatsdienst oder die Kürzung bis hin zum Verlust von Pensionsansprüchen.
(ba)
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