Detmold:
Vertrauensräume schaffen


[28.1.2021] Wie die Digitalisierungsstrategie Detmolds aussehen wird, bestimmen die Bürger der Stadt mit. Analoge und digitale Beteiligungsformate laden unterschiedliche Zielgruppen zum Mitmachen ein. Als wichtige Partizipationsbasis fungiert eine Open-Source-Plattform.

Die Stadt Detmold kombiniert Online- und Offline-Mitmachformate. Wenn von Digitalisierung die Rede ist, geht es häufig auch um Schnelligkeit: schnelle Lösungen, schneller Einsatz, schnelle Umsetzung. Die nordrhein-westfälische Stadt Detmold beschreitet für ihre Digitalisierungsstrategie einen anderen Weg. Mit einem partizipativen Ansatz setzt sie auf Entschleunigung, ohne dabei den digitalen Zug zu verpassen.
Die Digitalisierungsstrategie ist der rote Faden, mit dem eine Kommune beschreibt, wie sie den Wandel vor Ort gestalten will. Letzteren kann niemand alleine stemmen. In Detmold setzen die Verantwortlichen deshalb auf eine umfangreiche Bürgerbeteiligung noch bevor die Strategie verabschiedet wird. In einer dreiteiligen Mitmachserie können die Bürger ihre Vorstellungen, Befürchtungen und Ideen einbringen und so die digitale Agenda mitgestalten. Gestartet ist die Reihe – ganz analog – mit einem Auftakt-Workshop. Auf der Veranstaltung diskutierten die Detmolder, wie der Wandel gestaltet werden müsste, damit er das Gemeinwesen in der Kommune stützt und stärkt. Parallel bot die Stabsstelle Digitalisierung in Kooperation mit der VHS Detmold ein Begleitprogramm zur digitalen Agenda an. Interessierten stand ein vielfältiges Angebot an Veranstaltungen zu Verfügung, an denen sie kostenlos und ohne Anmeldung teilnehmen konnten. Denn gerade eine so komplexe und vielschichtige Aufgabe wie die Digitalisierung erfordert es, einen Vertrauensraum für die Bürgerbeteiligung zu schaffen und die Teilnehmer auf ihrem jeweiligen Wissensstand abzuholen. Ein persönlicher, analoger Zugang zum Thema und begleitende Informationsveranstaltungen können Hemmschwellen abbauen und zum Mitmachen ermutigen.

Online-Format mit Pionierarbeit

Für den eigentlichen Ideendialog setzte Detmold von Beginn an auf Online-Formate – und leistete dabei Pionierarbeit. Denn als erste Stadt in Deutschland führte sie zum Start des Online-Dialogs die Beteiligungsplattform Consul ein. Bei Consul handelt es sich um eine Open Source Software, mit der Kommunen einfach und unkompliziert Online-Beteiligungsverfahren umsetzen können. Der freie Quellcode und der modulare Aufbau der Plattform erlauben es, das Design und die Funktionen individuell an die Bedarfe und Beteiligungsformate der jeweiligen Stadt anzupassen. Lizenzgebühren fallen keine an. Die von der UN und EU ausgezeichnete Lösung ist außerdem leicht verständlich und transparent. In mehr als 35 Ländern wird sie bereits eingesetzt, unter anderem in Paris, Madrid, New York oder Buenos Aires.
Von Juli bis Oktober 2020 konnten die Detmolder über das Portal eigene Projektideen einbringen oder die Vorschläge anderer kommentieren und bewerten. Consul ermöglicht es, den kompletten Beteiligungsprozess und die Ergebnisse der einzelnen Mitmachformate transparent an einer Stelle zu dokumentieren. Dadurch können die Bürger jederzeit – auch nach Beendigung der einzelnen Beteiligungsformate – den Fortschritt und die Zwischenergebnisse des Prozesses mitverfolgen und beispielsweise nachvollziehen, wie die Bürgereingaben weiterbearbeitet werden.

Hybride Konferenz

Über eine Online-Umfrage auf der Plattform konnten die Bürger zudem über die Fokusthemen der Zukunftskonferenz abstimmen, dem dritten und letzten Baustein der dreiteiligen Mitmachserie. Eigentlich als analoges Beteiligungsformat geplant, wird die Konferenz aufgrund der Corona-Pandemie vom 19. bis 21. Februar 2021 als Hybrid-Veranstaltung stattfinden, die bei Bedarf komplett in den digitalen Raum verlegt werden kann. Über Consul erhalten die Detmolder Zugang zum Plenum und zu den drei Themenräumen der Veranstaltung. So können Interessierte bequem und sicher von zu Hause aus die komplette Zukunftskonferenz mitverfolgen und sich einbringen. Die Impulsgeber und Referenten werden ausschließlich digital zugeschaltet. Geplant ist derzeit, dass Bürger an ausgewählten Orten auch analog an den Workshops teilnehmen können. Die Videokonferenztechnik in den Workshop-Räumen führt die Referenten sowie die digitalen und analogen Teilnehmer dann zu einer Gruppe zusammen – ein Anspruch, der nicht ganz einfach zu realisieren ist. Deshalb werden die Zukunftsthemen-Workshops von Experten moderiert, die auf hybride Veranstaltungsformate spezialisiert sind.

Alle können aktiv mitarbeiten

Die Zwischenstände und Arbeitsergebnisse der Workshops halten die Gruppen in ihrem jeweiligen Zukunftsthemenraum digital fest. Dadurch können Teilnehmer von zu Hause aus ebenso aktiv mitarbeiten wie die Teilnehmer vor Ort.
Die Kombination der verschiedenen Mitmachformate kommt bei den Detmoldern gut an. Es werden unterschiedliche Zielgruppen der Stadtgesellschaft angesprochen, die Bürgerbeteiligung an der digitalen Agenda ist rege. Daran wird deutlich, dass die Partizipation vor allem von der Verbindung zwischen analogen und digitalen Formaten profitiert. Die Frage ist deshalb nicht, ob sich für die Beteiligung eher ein analoges oder eher ein digitales Format eignet. Vielmehr gilt es herauszufinden, wie sich beide Formate so kombinieren lassen, dass sie die Zielstellung des Bürgerbeteiligungsverfahrens unterstützen und möglichst vielen die Teilhabe ermöglichen. Der Austausch der Detmolder via Consul verläuft dabei genauso respektvoll und kon­struktiv wie in den analogen Veranstaltungen. Das bestärkt die Stadt darin, ihren Weg zu mehr digitaler Erreichbarkeit auszubauen.

Open Source Software bewährt sich

Eine gute Entscheidung war auch die Wahl der Open-Source-Lösung. Denn Kommunen, die Consul einsetzen oder den Einsatz planen, können sich unkompliziert zusammenschließen und beispielsweise Zusatzfunktionen gemeinsam entwickeln. Je mehr Kommunen die Plattform nutzen, desto günstiger wird es für alle und umso umfangreicher lassen sich die Vorteile der freien Software ausschöpfen. Ein Ziel ist es deshalb, viele weitere Kommunen in Deutschland als Consul-Nutzer zu gewinnen. So könnte auch eine große Entwickler-Community rund um die Plattform entstehen, wie sie in anderen Ländern bereits existiert. Vor diesem Hintergrund will Detmold zusammen mit dem Verein Mehr Demokratie im Jahr 2021 die erste Consul-Fachkonferenz im deutschsprachigen Raum ausrichten. Interessierte Kommunen sind herzlich eingeladen, sich über consul@detmold.de bei der Stadt zu melden.

Sandra Müller ist seit September 2018 als Chief Digital Officer in der Stabsstelle Digitalisierung bei der Stadt Detmold tätig, entwickelt in dieser Funktion die digitale Agenda für Detmold und begleitet den Digitalisierungsprozess unter Einbeziehung aller Akteure der Stadtgesellschaft.

https://www.detmold.de
Dieser Beitrag ist im Spezial der Ausgabe Januar 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: E-Partizipation, Bürgerbeteiligung, Detmold

Bildquelle: Stadt Detmold

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