[2.6.2021] Kommunalverwaltungen müssen sich darauf einstellen, künftig immer mehr elektronische Rechnungen zu erhalten. Ziel muss es sein, dass diese auch vollautomatisiert und ohne Medienbrüche verarbeitet werden können.
Die Verpflichtung zur Annahme elektronischer Rechnungen im Sinne der EU-Richtlinie 2014/55/EU gilt spätestens seit dem 18. April 2020 für alle öffentlichen Auftraggeber in Deutschland. Somit müssen auch alle Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise in der Lage sein, elektronische Rechnungen und Gutschriften im Sinne der EU-Richtlinie zu empfangen. Bei elektronischen Rechnungen im Sinne der EU-Richtlinie handelt es sich aber nicht um die schon weit verbreiteten Rechnungen im PDF-Format, welche als Anhang einer E-Mail bereits seit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 vielfach Verwendung finden, sondern um ein nichtbildliches, strukturiertes Datenformat. Sie bestehen aus einer maschinenlesbaren Datei im Format XML (Extensible Markup Language, zu deutsch „erweiterbare Auszeichnungssprache“), welche von einem Rechnungsbearbeiter nicht ohne technisches Hilfsmittel (Visualisierung) gelesen werden können.
Maßgeblich für die Umsetzung der EU-Richtlinie
Gemäß Beschluss des IT-Planungsrats vom 22. Juni 2017 ist der Standard XRechnung maßgeblich für die Umsetzung der EU-Richtlinie in Deutschland. Er bildet die konkretisierte, nationale Ausgestaltung der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung (EN 16931). Die aktuelle Version 2.0.0 der Spezifikation XRechnung beinhaltet neben dem Standard XRechnung auch eine Extension XRechnung. Diese Erweiterung berücksichtigt bisher nicht im Standard abbildbare Inhalte, so etwa die Hierarchisierung von Rechnungszeilen. Entwickelt und betrieben wird die Spezifikation XRechnung (Standard und Extension), von der Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) im Auftrag des IT-Planungsrats. Die Spezifikation XRechnung sowie FAQs, allgemeine Informationen zur Leitweg-ID, zum Übertragungsnetzwerk Peppol und weitere Hilfen können auf dem Internet-Auftritt der KoSIT abgerufen werden.
Die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie erfolgt in Deutschland im föderalen Kontext. Das bedeutet, dass sowohl der Bund als auch die Bundesländer eigene Umsetzungen verantwortet haben. Gemeinsam ist diesen, dass alle Bundesländer eine XRechnung sowohl für Aufträge im ober- wie auch unterschwelligen Bereich annehmen. Unterschiede gibt es hinsichtlich möglicher Ausnahmen, den Pflichtfeldern der Rechnung oder auch den Zugangsmöglichkeiten.
Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber
Die Situation stellt sich somit für Kommunalverwaltungen – je nach Bundesland – unterschiedlich dar. In den meisten Bundesländern gibt es zum Beispiel ein Landes-E-Rechnungseingangsportal, welches auch von den Kommunen genutzt werden kann. Die Adressierung innerhalb des Portals erfolgt immer über eine Leitweg-ID, die den richtigen Empfänger innerhalb des Portals adressiert. Alternativ kann der Empfang über gewerbliche Rechnungseingangsportale oder per E-Mail organisiert werden. Ein Rechnungseingangsportal bündelt verschiedene Zugangswege wie E-Mail, De-Mail, Web-Upload, Web-Erfassung oder auch den Zugang über das Übertragungsnetzwerk Peppol.
Für Kommunen empfiehlt es sich, für den Empfang strukturierter elektronischer Rechnungen ein solches Rechnungseingangsportal zu nutzen, da Aufgaben wie die technische Prüfung/Validierung, die Bereitstellung von Übertragungswegen, die Dokumentation des Rechnungseingangs und zum Teil auch eine Visualisierung der XRechnung von diesem übernommen werden. Die geprüften XRechnungen können dann von den Kommunen im Portal abgerufen werden oder werden ihnen aus diesem heraus automatisiert zugestellt.
Die EU-Richtlinie verpflichtet zunächst nur die öffentlichen Auftraggeber dazu, elektronische Rechnungen zu empfangen. Eine Verpflichtung der Lieferanten ergibt sich aus der EU-Richtlinie nicht, kann aber in der nationalen Umsetzung eingeführt werden. Der Bund und das Bundesland Bremen beispielsweise haben das Ende November vergangenen Jahres bereits umgesetzt.
Eindeutiger Trend
Auch lässt sich bereits ein eindeutiger Trend erkennen, dass immer mehr Bundesländer sich entscheiden, ihre Lieferanten zu verpflichten, nur noch strukturierte elektronische Rechnungen zu senden. Zwar umfasst diese Verpflichtung in den meisten Bundesländern bisher nur die Landesverwaltungen. Ist bei den Lieferanten aber erst einmal die Fähigkeit vorhanden, XRechnungen zu erzeugen und zu versenden, ist auch bei den Kommunalverwaltungen mit einem Anstieg an eingereichten XRechnungen zu rechnen.
Wie mit einer XRechnung nach deren Empfang zu verfahren ist, fragen sich derzeit viele Kommunen in Deutschland. Allerdings zeigt schon die Definition der E-Rechnung gemäß EU-Richtlinie, was mit einer strukturierten elektronischen Rechnung geschehen sollte. So ist eine elektronische Rechnung gemäß Artikel 2 Nr.1 der EU-Richtlinie eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, das ihre automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht. Aus dieser Definition ergibt sich das Ziel der elektronischen und automatischen Verarbeitung als logische Konsequenz der medienbruchfreien Übermittlung.
Umsetzung der Einsparpotenziale
Bislang wurden die Rechnungsdaten, welche elektronisch im System des Rechnungsstellers vorliegen, ausgedruckt, kuvertiert, frankiert und in Papierform an den Rechnungsempfänger übermittelt, welcher die Informationen wiederum manuell in sein finanzwirtschaftliches System übernommen hat. Dieser Medienbruch entfällt künftig, wenn eine strukturierte elektronische Rechnung übermittelt wird. Damit der Vorteil der medienbruchfreien Übermittlung auch genutzt wird, empfiehlt es sich, die Rechnung vollständig in einem elektronischen Rechnungsbearbeitungsworkflow zu bearbeiten. Das ist nicht nur schneller als die herkömmliche Übermittlung, auch Tippfehler, die bei manuellen Erfassungstätigkeiten immer wieder auftreten, entfallen bei der elektronischen Übermittlung.
Die weiterhin auf Papier eingehenden Rechnungen sind dann im besten Fall ersetzend zu scannen und mittels einer automatisierten Texterkennung (OCR) sowie einer automatisierten Datenerfassung (Capture) zu bearbeiten. Auch Belege im PDF-Format können so verarbeitet werden.
Nach Empfang und elektronischer Bearbeitung stellt der nächste Schritt – die vollautomatisierte Verarbeitung – dann den größten Umbruch bei der elektronischen Rechnungsbearbeitung in einer Kommune dar. Ziel eines jeden elektronischen Workflows muss es sein, möglichst viele Rechnungen in einem strukturierten elektronischen Format zu erhalten und automatisiert zu verarbeiten, da nur so die sich aus der elektronischen Bearbeitung ergebenden Einsparpotenziale umsetzen lassen.
Marco Hasken ist Sachgruppenleiter Finanzen und ServiceLine im Fachbereich für Informationstechnologie und Zentrale Dienste der Stadt Hagen.
https://www.xoev.de/de/XRechnungDieser Beitrag ist im Titel der Ausgabe Juni 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
Stichwörter:
Finanzwesen,
E-Rechnung,
XRechnung,
XRechnungsManager
Bildquelle: Andrey Popov/stock.adobe.com