OZG:
Einer-für-Alle-Prinzip in der Praxis


[27.1.2022] Wie funktioniert die Nachnutzung von einmal entwickelten digitalen Verwaltungsservices in der Praxis? In Thüringen und Niedersachsen wurden EfA-Leistungen daraufhin unter die Lupe genommen. Gewonnene Erkenntnisse sollen in die Weiterentwicklung des EfA-Prinzips einfließen.

Ein zentrales Element in der koordinierten Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ist das Einer-für-Alle-Prinzip, kurz EfA. EfA sieht vor, dass jedes Bundesland Verwaltungsleistungen so digitalisiert, dass diese von anderen Ländern und deren Kommunen übernommen werden können – die so genannte Nachnutzung. Damit sollen Zeit, Ressourcen und Kosten eingespart werden. Doch wie bewährt sich das EfA-Prinzip in der Praxis? Dieser Frage gingen von Juli bis Dezember 2021 zwei mit Konjunkturmitteln finanzierte Projekte zur Nachnutzungserprobung von EfA-Online-Diensten in Thüringen und Niedersachsen nach. Die erprobten Lösungen umfassten insbesondere digitale Verwaltungsleistungen in Kommunalbehörden sowie in Behörden der Landesverwaltung, Kammern und Verbänden. Nun berichtet das Bundesinnenministerium (BMI) über die Erfahrungen, die im Rahmen der sechsmonatigen Erprobungsphase gesammelt wurden und die auch in die weitere EfA-Umsetzung einfließen sollen.
Bei der Nachnutzungserprobung ging es vor allem darum, die Machbarkeit eines effizienten Roll-out von EfA-Lösungen im Land und in den Kommunen zu testen. Bei der Untersuchung kam die Projekt-Management-Methode der Agilen Retrospektive zum Einsatz: Dabei reflektieren die beteiligten agilen Projekt-Teams gemachte Erfahrungen in gemeinsamen Retrospektiven und lernen aus Erfolgen wie Fehlern für zukünftige Projekte. Grundlage dafür sind so genannte Lessons-Learned-Analysen. Thüringen und Niedersachsen sammelten in solchen Lessons-Learned-Analysen alle Erkenntnisse und Erfahrungen, die während der Nachnutzungserprobung gemacht wurden. Die Ergebnisse der Analyse konnten Optimierungsmöglichkeiten und Risiken aufzeigen und dabei helfen, effizientere Prozesse für die Nachnutzung zu definieren.

Wie wird die Nachnutzung für Kommunen effektiver?

Die Analyse erfolgte in fünf Kategorien. Neben den vier EfA-Dimensionen organisatorisch, rechtlich, finanziell und technisch wurden auch übergreifende Fragen berücksichtigt. In der organisatorischen Dimension sei eine Reihe wichtiger Erkenntnisse gesammelt worden, die insbesondere für die Nachnutzung durch Kommunen hohe Relevanz haben, berichtet das BMI. Es zeigte sich, dass eine strukturierte Kommunikationsstrategie über die kommunalen Spitzenverbände für die Ansprache von (Pilot-)Kommunen hilfreich ist. Auch die hohe Heterogenität der technischen Infrastruktur in der Vielzahl eigenständiger Kommunen erwies sich als Herausforderung. Um dem zu begegnen, seien die Stärkung kommunaler Steuerungsgremien und die Prüfung eines möglichst einheitlichen Ansatzes zum Ausrollen von Online-Diensten jedoch vielversprechende Ansätze, so das BMI.
Bei der Auswertung der technischen Dimension der EfA-Nachnutzung fiel unter anderem auf, dass teilweise Standards für die Übermittlung von Antragsdaten zu den Fachverfahren fehlten. Daher mussten Schnittstellen für Fachverfahren angepasst und auch Finanzierungsfragen gelöst werden. Es sei wichtig, Fachverfahrenshersteller bereits bei der Konzeption der EfA-Leistung einzubinden, betont das BMI. Auch zeigte sich, dass ein zu früher Einstieg in die Nachnutzungserprobung durch andere Länder problematisch ist, wenn etwa die technischen Voraussetzungen noch nicht geschaffen wurden oder für die Anbindung notwendige Dokumentationen noch fehlen.
Eine weitere Erfahrung aus den Projekten betrifft die finanzielle Dimension. Es wurde deutlich, dass Kostenfragen nicht immer abschließend geklärt werden konnten. Die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für EfA-Online-Services stellte sich außerdem in einigen Fällen als sehr komplex heraus.
Die Lessons-Learned-Analyse hat nach Einschätzung des BMI zu vielen wichtigen Erkenntnissen und Ansätzen für die Weiterentwicklung des EfA-Prinzips geführt. Gleichzeitig habe sich aber auch die hohe Relevanz des EfA-Prinzips für die OZG-Umsetzung bestätigt. Im nächsten Schritt sollen die gewonnenen Erkenntnisse nun vom OZG-Programm-Management im BMI weiter aufbereitet und in die kontinuierliche Weiterentwicklung des EfA-Prinzips eingebracht werden. (sib)

„Lessons Learned“ der Nachnutzungsprojekte (PDF) (Deep Link)
Details zu EfA-Dimensionen (Deep Link)

Stichwörter: Politik, Onlinezugangsgesetz (OZG), EfA, Nachnutzung



Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Politik
Bayern: Land unterstützt Digitalisierung der Kommunen
[16.7.2024] Bayerns Digitalminister sieht die konsequente Digitalisierung der Verwaltung als wichtige Möglichkeit, um den künftigen Ruhestand der Babyboomer-Generation und den dadurch entstehenden Fachkräftemangel zu kompensieren. Es gelte, die Potenziale von Standardisierung, Zentralisierung und KI zu nutzen. mehr...
In Bayern soll nach dem Willen von Digitalminister Fabian Mehring der „Digitalisierungsturbo“ gezündet werden.
Interview: Wir brauchen eine Dachmarke Interview
[15.7.2024] Peter Adelskamp ist Chief Digital Officer (CDO) in Essen und dort zugleich Fachbereichsleiter Digitale Verwaltung. Im Gespräch mit Kommune21 berichtet er von seiner Arbeit in Essen und dem dortigen Stand der Digitalisierung. mehr...
Essen-CDO Peter Adelskamp
eGovernment Benchmark 2024: Nutzerzentrierung ist der Schlüssel
[8.7.2024] Laut dem jüngsten eGovernment-Benchmark-Report der Europäischen Kommission haben die europäischen Staaten bei der Bereitstellung digitaler Behördendienste stetige Fortschritte gemacht. Raum für Optimierungen gibt es insbesondere bei grenzüberschreitenden Diensten und bei Dienstleistungen, die von regionalen und kommunalen Behörden erbracht werden. mehr...
Laut dem jüngsten eGovernment-Benchmark-Report haben die europäischen Staaten bei der Bereitstellung digitaler Behördendienste stetige Fortschritte gemacht.
Schleswig-Holstein: Kommunale Open-Data-Projekte gefördert
[5.7.2024] Wirtschaft und Forschung profitieren von offenen Daten, können zu mehr Transparenz beitragen und dadurch Bürgernähe schaffen. Das Land Schleswig-Holstein fördert ab sofort bis 2027 kommunale Projekte zur Anbindung an das landesweite Portal für offene Daten. mehr...
OZG 2.0: Neue DNA verankern Bericht
[4.7.2024] Um ein Erfolg zu werden, muss das OZG 2.0 die Ende-zu-Ende-Digitalisierung als neue DNA verinnerlichen. Mit der Einigung zwischen Bund und Ländern ist die Basis dafür geschaffen. mehr...
Das OZG 2.0 muss eine neue Genetik vorweisen.
Weitere FirmennewsAnzeige

E-Rechnung: Für den Ansturm rüsten
[31.5.2024] Die E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich kommt. Kommunen sollten jetzt ihre IT darauf ausrichten. Ein Sechs-Stufen-Plan, der als roter Faden Wege und technologische Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, kann dabei helfen. mehr...
Suchen...

 Anzeige



 Anzeige

Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Aktuelle Meldungen