[26.6.2012] Kooperationen sind für die 115 in unterschiedlicher Hinsicht von Bedeutung. Staatssekretär Horst Westerfeld, Bevollmächtigter der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie, erläutert warum.
Herr Staatssekretär, Sie hatten auf einer Informationsveranstaltung zu 115 Ende vergangenen Jahres für interkommunale Zusammenarbeit geworben. Was waren Gründe hierfür?
Der Erfolg der einheitlichen Behördenrufnummer 115 beruht auf der Bereitschaft zur ebenenübergreifenden Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Dabei kommt dem kommunalen Bereich eine besondere Rolle zu. Die Kommunen erledigen eine Vielzahl staatlicher Aufgaben und sind mit ihren Service-Centern im Regelfall die erste Kontaktstelle für die Bürgerinnen und Bürger. Zugleich ermöglicht ihnen die Teilnahme am D115-Verbund, die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung zu steigern und einen telefonischen Bürgerservice auf hohem Niveau anzubieten. Für kleine und mittelgroße Kommunen ist der Aufbau eigener Service-Center-Strukturen vor dem Hintergrund der Gewährleistung des Serviceversprechens und der Erreichbarkeit allerdings nicht einfach umsetzbar. Hier kommen die Vorteile der interkommunalen Zusammenarbeit zum Tragen. Durch Bündelung der Anrufe in einem gemeinsamen Service-Center mit anderen Gemeinden oder der Kreisverwaltung beziehungsweise durch Anschluss an ein bereits existierendes Service-Center in der Region können auch kleine und mittlere Kommunen die Vorteile der 115 nutzen, ohne umfassende Investitionen tätigen zu müssen.
Welche Kooperationsmodelle – sowohl in Hessen wie auch bundesweit – würden Sie als vorbildlich bezeichnen und warum?
Im D115-Verbund sind unterschiedliche Kooperationsmodelle technisch möglich – von der Nutzung gemeinsam betriebener Service-Center bis hin zu virtuellen Umgebungen. Welche Kooperationsform im Einzelfall die optimale ist, sollte jede Kommune für sich entscheiden. In Hessen haben sich sowohl der multizentrische Ansatz, also der Anschluss an vorhandene Service-Center in den Ballungsräumen Frankfurt und Kassel, als auch das Kreismodell bewährt. So beauskunftet beispielsweise der Main-Taunus-Kreis als einer der ersten Kreise im D115-Verbund alle Anfragen für seine kreisangehörigen Städte und Gemeinden sowie darüber hinaus. Das Service-Center in Frankfurt in Zusammenarbeit mit Stadt und Kreis Offenbach ist ein Beleg für Kooperationsfähigkeit in der Sache, für den Bürger und die wirtschaftliche Vernunft. Das Modellprojekt der Metropolregion Rhein- Neckar (MRN) zeigt, dass Kooperationen auch über Ländergrenzen hinweg möglich sind. An dem Projekt sind die Kreise und Städte der Region der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen sowie der Bund beteiligt. Die Einführung der 115 wird länderübergreifend betrieben. Das im Mai 2011 freigeschaltete Service-Center Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz übernimmt unter anderem auch die Anfragen für den hessischen Kreis Bergstraße. Möglich wird dieses Kooperationsmodell durch das übergreifende 115-Wissensmanagement, in dem alle hessischen Verwaltungsleistungen nach den bundeseinheitlichen D115-Standards abgelegt sind.
Wie können Verwaltungen von der Teilnahme am D115-Verbund profitieren und welche Voraussetzungen müssen hierfür geschaffen werden?
Die Vorteile für die Verwaltung bestehen vor allem in der Stärkung der Bürgernähe und der Entlastung der Fachebenen. Außerdem können die telefonische Erreichbarkeit und die Servicezeiten der Verwaltung deutlich verbessert werden. Die technischen Voraussetzungen für eine Teilnahme sind je nach gewähltem Verbundmodell unterschiedlich und reichen von der Bereitstellung von Informationen im Rahmen eines Kooperationsmodells bis hin zur Planung und Einrichtung eines eigenen Service-Centers. Die Erfahrung der teilnehmenden Behörden zeigt, dass der Vorteil für den Bürger in dem bereitgestellten Wissensmanagement liegt, das täglich bundesweit aktualisiert wird. Keine Behörde kann diese Kompetenz allein aufbauen.
„Der D115-Verbund ist das herausragende Kooperationsmodell in Deutschland für E-Government und Bürgerservice.“
Des Weiteren lassen sich verwaltungsinterne Prozesse optimieren. In Hessen können die teilnehmenden Kommunen beispielsweise zusätzlich Informationen über die Zuständigkeit von Behörden mit den entsprechenden Ansprechpartnern dem Hessen-Finder entnehmen, der ständig mit dem 115-Wissensmanagement synchronisiert wird. Bei der Vorbereitung auf eine Teilnahme am einheitlichen Behördenruf beraten die 115-Geschäftsstelle in Berlin sowie das Land.
Wie bewerten Sie das D115-Projekt insgesamt?
Der D115-Verbund ist das herausragende Kooperationsmodell in Deutschland für E-Government und Bürgerservice, an dem alle Verwaltungsebenen auf freiwilliger Basis teilnehmen und sich auf gemeinsame Qualitätsanforderungen der zu erbringenden Dienstleistungen verständigt haben. Die einheitliche Behördenrufnummer wird zunehmend multikanalfähig, das heißt, der Telefonservice wird durch die Online-Bereitstellung des Behörden-Leistungskatalogs sowie des Behörden-Zuständigkeitsfinders zur beispielhaften E-Government-Anwendung in Europa. Hessen hat das Projekt von Anfang an unterstützt und deshalb gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium die Federführung für den Pilotbetrieb übernommen. Am 1. April vergangenen Jahres ist im Anschluss an die Pilotphase der Regelbetrieb der einheitlichen Behördenrufnummer gestartet. Um die Projekt- in Verwaltungsstrukturen zu überführen, waren intensive Vorbereitungen erforderlich. Dass dies gelungen ist, lag an dem Willen aller Beteiligten in Bund, Ländern und Kommunen, den Erfolg des Pilotprojekts im Regelbetrieb fortzuführen und am gemeinsamen Ziel der bundesweiten Flächendeckung festzuhalten. Die größte Herausforderung in den kommenden Jahren wird sein, die Flächendeckung der 115 voranzutreiben. Die Stärken des D115-Verbunds und somit auch der Nutzen für die Bürger und die Verwaltung werden dann vollständig wirksam, wenn sich alle – sowohl in der Fläche als auch in den Verwaltungsstrukturen – am Service beteiligen. Auch hier wird sich Hessen für das gemeinsame Ziel engagieren. So ist im März dieses Jahres die Einbindung der hessischen Landesverwaltung in den D115-Verbund erfolgt. Damit haben die hessischen Ministerien mit ihren nachgeordneten Behörden mehr als 200 bürger- und unternehmensrelevante Informationen für die 115-Auskunft zur Verfügung gestellt und das Serviceangebot erweitert.
Welche Perspektiven sehen Sie für den einheitlichen Behördenruf?
Die einheitliche Behördenrufnummer kann nicht nur zu einem Multikanalservice für Bürger werden, sondern auch Katalysator für die Transformation der öffentlichen Verwaltung sein. Damit kann sich Deutschland zu einem Vorbild für E-Government in Europa entwickeln. Die 115 zeigt vor allem, dass eine Zusammenarbeit der Verwaltungen über alle Ebenen hinweg einfach möglich ist. Vor dem Hintergrund der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse wird die Kooperation im Bereich der IT, der Organisation sowie allen anderen denkbaren Bereichen über die Verwaltungsebenen hinweg ausgeweitet werden müssen. Schließlich sind klare Einsparvorgaben zu erreichen, zu denen die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften einen erheblichen Beitrag leisten kann. Der einheitliche Behördenruf ist ein gutes Beispiel für erfolgreiche Kooperationen und ein Muster für eine weitergehende Zusammenarbeit über alle Verwaltungsebenen hinweg.
Interview: Alexandra Reiter
http://www.115.deDieser Beitrag ist in der Juni-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt D115 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)
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Bildquelle: Hessisches Finanzministerium