Interview:
Co-CIO für Hessen


[3.9.2018] Als hessischer Co-CIO will Roland Jabkowski Brücken bauen und Entscheider an einen Tisch bringen. Wie er den E-Government-Bereich des Landes mitgestaltet, erklärt der ehemalige Geschäftsführer des österreichischen Bundesrechenzentrums im Interview.

Roland Jabkowski ist Co-CIO des Landes Hessen. Herr Jabkowski, seit dem Jahr 2017 stehen Sie dem hessischen Chief Information Officer, Finanzminister Thomas Schäfer, als Co-CIO zur Seite. Was gab den Anstoß, das Amt eines Co-CIOs einzurichten?

Hessen hat im Jahr 2015 die ‚Digitale Verwaltung Hessen 2020‘ vorgestellt. Mit dieser digitalen Agenda treiben wir die Verwaltungsmodernisierung weiter voran. Hierbei gilt es, eigene Strukturen stetig zu verbessern und alle Kräfte zu bündeln. Hessen hat in diesem Kontext klugerweise erkannt, dass es sinnvoll ist, die ressortübergreifende Koordinierung zu stärken, um neben den strategischen Grundsatzfragen auch in den ganz alltäglichen Projekten noch besser voranzukommen.

Wie sind Sie zu dem neuen Amt gekommen?

Der gute Ruf, den Hessen bereits seit vielen Jahren im E-Government-Bereich genießt, war auch in Österreich klar zu vernehmen. Mich persönlich hat zudem ein beruflicher Perspektivwechsel gereizt. Nach den ersten, sehr angenehmen Gesprächen in Wiesbaden fühlte ich mich darin bestätigt, diese spannende Aufgabe, nämlich Hessen weiter als Spitzenbundesland im Bereich des E-Governments mitzuprägen, anzunehmen.

Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit als Co-CIO gesetzt?

Mein wesentliches Ziel war und ist es, spürbare Ergebnisse zu produzieren. Auch wenn so manches Vorhaben in der Umsetzung natürlich seine Zeit braucht. Ich möchte Brücken bauen und die Entscheidungsträger an einen Tisch bringen. Denn auch im E-Government geht es nur gemeinsam voran.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen CIO und Co-CIO?

Die Zusammenarbeit zwischen dem Finanzminister und mir ist von einer sehr angenehmen, kollegialen und zielgerichteten Arbeitsweise gekennzeichnet. Das gilt im Übrigen auch für die Zusammenarbeit mit den vielen anderen Kollegen, etwa dem hessischen Innenminister. Gemeinsam haben wir beispielsweise den Aufbau des neuen Verwaltungsportals auf den Weg gebracht. Bis zum Jahr 2019 ist ein flächendeckendes Online-Angebot vorgesehen. Verwaltungsvorgänge können dann jederzeit, papierlos und bequem von zu Hause aus gestellt werden. Ferner schreibt das Onlinezugangsgesetz Politik und Verwaltung vor, bis zum Jahr 2022 alle Verwaltungsangebote zu digitalisieren. Wir arbeiten deshalb intensiv mit allen Akteuren zusammen und setzen im Rahmen des Projekts einer digitalen Modellbehörde die gesetzlichen Vorgaben um. Dies sind nur zwei von zahlreichen Projekten.

Vor Ihrem Amtsantritt in Hessen haben Sie in Österreich bereits über Jahrzehnte Erfahrungen im IT- und Verwaltungsbereich gesammelt. Wie profitieren Sie jetzt von diesen Erfahrungen?

Vieles, was ich in meiner vorherigen Funktion im Bundesrechenzentrum in Wien lernen durfte, hilft mir heute sicherlich weiter. Ich konnte ein gutes Verständnis für neue Prozesse und Verfahren in Verwaltungsstrukturen entwickeln. Als Geschäftsführer des Bundesrechenzentrums habe ich außerdem gelernt, wie wichtig eine nachhaltige Finanzierung von IT-Projekten ist. Der Einsatz moderner IT darf kein Selbstzweck sein, er muss den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft und natürlich der Verwaltung dienen. Selbstverständlich lerne ich aber auch tagtäglich dazu. Es ist immer wichtig, offen für Neues zu sein, viele Meinungen zu hören und sich neuen Entwicklungen nicht zu verschließen, um am Ende das Mögliche erreichen zu können.

„Der gute Ruf Hessens im Bereich E-Government war auch in Österreich klar zu vernehmen.“

In welchen Bereichen ist Hessen hinsichtlich der Digitalisierung der Verwaltung gut aufgestellt und wo besteht Nachholbedarf?

In Hessen hat man schon sehr früh einen besonderen Fokus auf die Standardisierung von Querschnittsverfahren gelegt. Wir konnten so nicht nur unsere IT-Kosten erheblich senken, sondern in der Breite auch neue IT-Innovationen auf dieser Basis aufbauen. Beispielhaft sind hier der in der Verwaltung landesweit eingesetzte HessenPC und die einheitliche Landschaft für das Personal- und Rechnungswesen. Wie viele öffentliche Verwaltungen anderer Bundesländer auch, hat Hessen aber Nachholbedarf bei der Gewinnung neuer IT-Fachkräfte. Vor diesem Hintergrund haben wir uns beispielsweise dazu entschieden, gemeinsam mit der Hochschule RheinMain zum Start des Wintersemesters ein duales Studium der Wirtschaftsinformatik, mit dem Schwerpunkt Verwaltungsinformation, aufzusetzen. Dadurch werden wir neue kluge Köpfe für unsere Verwaltung gewinnen können. Das ist ein prima Ansatz.

Welche sind die derzeit drängendsten Herausforderungen mit Blick auf die Verwaltungsdigitalisierung in Hessen?

Wie allen anderen Ländern und dem Bund steht Hessen mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes eine große Aufgabe ins Haus. Zur flächendeckenden Digitalisierung der Behördenleistungen wurde deshalb im Jahr 2017 das bereits genannte Vorhaben einer digitalen Modellbehörde gestartet. Erste Umsetzungen sind in diesem Jahr erfolgt. Um diese Herkulesaufgabe zu bewältigen, müssen alle Akteure ebenenübergreifend noch viel mehr zusammenarbeiten. Hessen sucht deshalb noch stärker als bislang aktiv die Zusammenarbeit mit Bund, Ländern und Kommunen. Für notwendige Neuentwicklungen sollte meiner Meinung nach der Grundsatz gelten: Kooperation bei der Entwicklung geht vor alleinige Entwicklung.

Wie unterscheidet sich Deutschland bei der Verwaltungsdigitalisierung von Österreich?

Österreich ist im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung grundsätzlich schon sehr gut aufgestellt. Besonders den dortigen, vergleichsweise pragmatischen Ansatz kann man sicherlich hervorheben. In Deutschland wird meist nach Perfektion gestrebt. Natürlich soll das Ergebnis am Ende sehr gut werden, zu viel Perfektionismus kann für den Fortschritt aber auch hinderlich sein. Andererseits sehe ich im IT-Föderalismus in Deutschland großes Potenzial für die konsequente Weiterentwicklung der digitalen Verwaltung. Grundvoraussetzung dafür ist die verstärkte Zusammenarbeit. Lasst uns voneinander lernen, lasst uns einander helfen. Nur so geht es. Das muss in unser aller Köpfe rein.

Welche Ziele möchte Hessen im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung als nächstes erreichen und wie tragen CIO und Co-CIO dazu bei?

Wir wollen für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen einfach zu bedienende, sichere und medienbruchfreie Verwaltungsangebote schaffen, die flächendeckend und rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Bis zum Beginn der neuen Legislaturperiode möchten wir eine fortgeschriebene, schlagkräftige Programmorganisation aufbauen, welche die Digitalisierung der hessischen Verwaltung weiter vorantreibt. Für dieses Ziel arbeiten wir und dafür wollen wir auch die notwendige Akzeptanz in Politik, Öffentlichkeit und Verwaltung schaffen.

Interview: Verena Barth

Dieser Beitrag ist in der September-Ausgabe 2018 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Politik, Hessen, Roland Jabkowski

Bildquelle: Hessisches Ministerium der Finanzen/Fredrik von Erichsen

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