Elterngeld:
Leichter mit ELFE


[14.1.2019] Einfach Leistungen für Eltern medienbruchfrei digital beantragen – das soll mit dem Pilotprojekt ELFE möglich werden. An die Stelle von Papierformularen tritt eine App. Geplant ist außerdem, die Daten verschiedener Register automatisiert zu verknüpfen.

ELFE soll frischgebackene Eltern von Behördengängen entlasten. Wer einen Antrag auf Elterngeld stellen möchte, steht derzeit noch vor einer echten Herausforderung. In Bremen etwa müssen Eltern dafür einen sechsseitigen Antrag ausfüllen und in Einzelfällen bis zu 32 verschiedene Dokumente bei der Elterngeldstelle einreichen, für die zuvor häufig anderweitige Behördenbesuche nötig werden. Der Weg zum Elterngeld ist also zeitaufwendig und komplex. Dieser Problemlage widmet sich das Bremer Projekt ELFE – Einfach Leistungen für Eltern.
Als Digitalisierungsprojekt des Bremer Senats wird ELFE gemeinschaftlich von der Senatorin für Finanzen und der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport umgesetzt. Im Rahmen des IT-Planungsrats gehört ELFE zum Digitalisierungsprogramm und wird nun Pilotprojekt für das Onlinezugangsgesetz (OZG). Das im Jahr 2017 in Kraft getretene OZG verpflichtet den Bund und die Länder, ihre Verwaltungsleistungen bis 2022 flächendeckend elektronisch anzubieten. Im Sinne der Nutzerorientierung wurden die Verwaltungsleistungen nach Lebenslagen gegliedert. Die Freie Hansestadt Bremen hat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) die Federführung für den Themenbereich Familie und Kind übernommen. Erarbeitete Lösungen müssen dabei so gestaltet werden, dass eine Übertragbarkeit auf alle Bundesländer gewährleistet ist.

Per Mausklick zur Geburtsurkunde

ELFE sieht eine medienbruchfreie Digitalisierung der Anträge vor, die nach der Geburt eines Kindes anfallen. Quasi per Mausklick sollen die Geburtsurkunde, das Kindergeld und das Elterngeld beantragt werden können. An die Stelle eines sechsseitigen Formulars für Elterngeld, eines einseitigen Formulars für Kindergeld und die Anmeldung der Geburt tritt eine App, mit deren Hilfe die Identität der Eltern, Informationen zur zeitlichen Planung der Elternzeit und die Einwilligung der Eltern zum automatisierten Datenaustausch abgefragt werden. Denn die für einen Kindergeld- und Elterngeldantrag benötigten Daten liegen zum Zeitpunkt der Antragstellung nahezu alle bereits in anderen Behörden vor oder sind potenziell elektronisch an anderer Stelle abrufbar.
ELFE bleibt freiwillig und wird als zusätzliche Möglichkeit der Antragstellung eingeführt. Mit Einwilligung der Eltern sollen in Zukunft Daten verschiedener Regis­ter automatisiert verknüpft und an die Elterngeldstelle weitergeleitet werden. Bei der Erarbeitung passender, effizienter und transparenter Lösungen rückt das Projekt ELFE die Sicht der Bürger in den Mittelpunkt. Lösungsansätze werden stetig getestet und mit am Prozess beteiligten Fachexperten gespiegelt und diskutiert. Die Lösung wird somit sukzessive auf Qualität und Machbarkeit geprüft und verbessert.
Drei wesentliche Aufgaben muss ELFE bewältigen: Erstens muss es einen einfachen, nachvollziehbaren und übertragbaren Prozess vorschlagen, über den die medienbruchfreie Antragstellung gelingen kann. Zweitens müssen rechtliche Voraussetzungen für einen solchen Lösungsweg pa­rallel erarbeitet und initiiert werden. Drittens muss auf der technischen Seite eine stabile Lösung entwickelt werden, die den fachlichen Prozess standardisiert steuert. Teilweise sind behördliche Abläufe schon heute digitalisiert: Nach der Anzeige einer Geburt beim Standesamt erfolgt eine automatische Meldung an die Meldebehörde des Wohnorts des Kindes. Diese meldet die Geburt dann dem Bundeszentralamt für Steuern, welches wiederum eine Steuer-Identifikationsnummer vergibt und per Brief an die Eltern sendet. An diese Vorgehensweise der Daten­übermittlung knüpft ELFE an.

Fachgesetze anpassen

Um die genannten Ansätze für ELFE umsetzen zu können, müssen in Teilen Fachgesetze angepasst werden. In den verschiedenen Gesetzen ist der Datenschutz rechtlich zu verankern und das automatisierte Abrufverfahren noch explizit zu ermächtigen. Dazu musste ein Einvernehmen der Länder untereinander und mit dem Bund hergestellt werden. Der entsprechende, von Bremen initiierte und gemeinsam mit Hamburg, Schleswig-Holstein, Thüringen und Berlin eingebrachte Entschließungsantrag wurde in den betroffenen Fachausschüssen beschlossen und die Bundesregierung vom Bundesrat bereits gebeten, geeignete Gesetzesvorschläge für die Umsetzung zu unterbreiten.
Für den Vorgang in ELFE sind verschiedene Behörden von zentraler Bedeutung: Standesämter müssen an das ELFE-Back-End angeschlossen werden und die Geburt eines Kindes automatisiert bestätigen. Erst mit der Bestätigung der Geburt kann ELFE gesichert davon ausgehen, dass das entsprechende Kind existiert und das Geburtsdatum vermerkt ist. Ein weiteres Augenmerk ist auf die Krankenkassen zu richten. Künftig sollen nicht mehr die Eltern zum Beispiel Mutterschaftsgeld nachweisen, sondern es soll eine direkte Kommunikation vom ELFE-Back-End mit den Krankenkassen ermöglicht werden. Bisher gibt es dafür keine elektronische Schnittstelle. Ein ebenfalls wichtiger Schnittpunkt soll zu den Arbeitgebern der antragstellenden Eltern entstehen. Um die zustehende Leistung berechnen zu können, ist es unabdingbar, die Einkommensdaten vor der geplanten Elternzeit einzuholen. Derzeit wird geprüft, inwiefern das elektronische Datenübermittlungsverfahren im Rahmen der Meldepflichten für Arbeitgeber dazu genutzt werden kann.

Standardisierte Schnittstellen schaffen

Um trotz unterschiedlicher IT-Verfahren der verschiedenen beteiligten Behörden einen reibungslosen Datenaustausch gewährleis­ten zu können, bedarf es der Einigung auf standardisierte Schnittstellen. Für den verwaltungsinternen Datenaustausch kommen üblicherweise XÖV-Standards zum Einsatz. Für den Datenaustausch zwischen und mit Arbeitgebern, Rentenversicherungsträgern sowie Krankenkassen steht mit dem eXtra Standard ein ähnliches Modell zur Verfügung. Diese Standards eröffnen grundsätzlich die Möglichkeit, Querschnittsleistungen wie beispielsweise eine Meldebestätigung oder -auskunft oder aber die Information zur Beurkundung einer Geburt schnell und einfach elektronisch abzurufen, um die Ergebnisse in die Antragsbearbeitung einfließen zu lassen.
Die Aussichten für ELFE sind gut, auch deshalb, weil die Ziele des Vorhabens der politischen Zielsetzung des Koalitionsvertrags der aktuellen Bundesregierung entsprechen. Hier ist explizit geplant, dass Antragsteller künftig ihre Daten nur einmal abgeben müssen. Dabei gelten die Prinzipien der Transparenz, der Kontrolle und der Anlassbezogenheit. Das ELFE-Team ist konstant an Rückmeldungen interessiert. Eine App zur Demonstration des ELFE-Front-Ends ist bereits online abrufbar. Hier wird nicht nur fortlaufend über neue Entwicklungen des Projekts informiert – es sind auch Kontaktmöglichkeiten für Rückmeldungen angegeben.

Vera Bharadwaj ist bei der Freien Hansestadt Bremen im Ressort Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport im Referat 12 – Organisation und Infor­mationstechnologie tätig.

Hier können Sie die App zur Demonstration des ELFE-Front-Ends abrufen (Deep Link)
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2019 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.  (Deep Link)

Stichwörter: Fachverfahren, ELFE, Apps, Elterngeld, OZG

Bildquelle: jchizhe/stock.adobe.com

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Fachverfahren
Baden-Württemberg: Vier Kommunen erproben Online-Wohnsitzanmeldung
[2.7.2024] In vier Pilotkommunen in Baden-Württemberg ist es nun möglich, sich nach einem Umzug mit einem einfachen Online-Verfahren umzumelden – ganz ohne Amtsbesuch. Weitere Kommunen sollen folgen. Entwickelt wurde der Dienst von der Freien und Hansestadt Hamburg im Zuge der OZG-Umsetzung. mehr...
Der von Hamburg entwickelte Online-Dienst Elektronische Wohnsitzanmeldung macht Papierformulare und Behördengänge nach einem Umzug überflüssig – auch in Baden-Württemberg.
Bayern: Das Ende der Papierknöllchen Bericht
[2.7.2024] Das klassische Papierknöllchen hat bei der Bayerischen Polizei ausgedient. Seit zwei Jahren verteilt sie stattdessen Bürgerbenachrichtigungen mit QR-Code. Die Betroffenen können ihre Verwarnung darüber online einsehen und das Bußgeld bezahlen. Für den nötigen Datenschutz sorgt ein Confidential-Computing-Ansatz. mehr...
Statt Papierknöllchen stellt die Polizei in Bayern Bußgeldbescheide per App aus.
Kreis Bergstraße: Taxi- und Mietwagengenehmigung online
[28.6.2024] Im Kreis Bergstraße ist die Taxi- und Mietwagengenehmigung ab sofort über einen Online-Service möglich. mehr...
Hamburg: Digitale Wohnsitzanmeldung – auch für Familien
[26.6.2024] Der von Hamburg entwickelte Online-Dienst zur digitalen Wohnsitzummeldung nach Umzug hat eine weitere Ausbaustufe erreicht und öffnet sich für die Nutzergruppe der Familien. Gleichzeitig kommt der Roll-out des EfA-Dienstes voran. mehr...
Nach einem Umzug können nun auch Familien ihren neuen Wohnsitz online anmelden – ohne Amtsbesuch. Das Verfahren ist komplett digitalisiert.
AKDB: Wahl-Software elect im Einsatz
[26.6.2024] Die AKDB berichtet, dass bei der Europawahl in den Wahlämtern von mehr als 1.000 ihrer Kunden die Software elect zum Einsatz kam. Die nutzerfreundliche Lösung habe sich dabei auch mit einer schnellen und unkomplizierten Aufbereitung der Ergebnisse bewährt. mehr...
Die Wahl-Software elect war bei der Europawahl in den Wahlämtern von rund 1.000 AKDB-Kunden im Einsatz.
Weitere FirmennewsAnzeige

Besuchersteuerung: Das neue Einbürgerungsgesetz stellt Behörden vor zusätzliche Herausforderungen
[12.6.2024] Am 27. Juni 2024 tritt das neue deutsche Einbürgerungsgesetz in Kraft. Damit verkürzt sich die Mindestaufenthaltsdauer für eine Einbürgerung von derzeit acht auf fünf Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen sogar auf bis zu drei Jahre. Demzufolge werden Ausländerbehörden künftig mehr Anträge auf Einbürgerung bearbeiten müssen. Allerdings stoßen bereits heute viele Ausländerbehörden an ihre Kapazitätsgrenzen. Magdalene Rottstegge, zuständig für das Business Development bei der SMART CJM GmbH, erläutert, wie Ämter das erhöhte Arbeitsaufkommen besser bewältigen können. mehr...

E-Rechnung: Für den Ansturm rüsten
[31.5.2024] Die E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich kommt. Kommunen sollten jetzt ihre IT darauf ausrichten. Ein Sechs-Stufen-Plan, der als roter Faden Wege und technologische Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, kann dabei helfen. mehr...
Suchen...

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich Fachverfahren:
Telecomputer GmbH
10829 Berlin
Telecomputer GmbH
cit GmbH
73265 Dettingen/Teck
cit GmbH
ekom21 – KGRZ Hessen
35398 Gießen
ekom21 – KGRZ Hessen
procilon GmbH
04425 Taucha bei Leipzig
procilon GmbH
Aktuelle Meldungen