Open Data:
Den Datenschatz heben


[2.9.2020] Offene Daten sind ein wertvolles Gut. Eine aktuelle Studie zeigt, welchen Mehrwert sie gerade Kommunen bieten. Noch fehlen aber die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Bereitstellung und eine flächendeckende Infrastruktur für die Nutzung von Open Public Data.

Kommunale Open-Data-Landschaft. Allein in Deutschland schät­zen Experten das Effizienz- und Wertschöpfungspotenzial von offenen Daten (Open Data) auf rund 43 Milliarden Euro pro Jahr. Aus kommunaler Sicht besonders vielversprechend ist Open Public Data (OPD) – also Daten, die im öffentlichen Sektor vorliegen und von der Allgemeinheit frei genutzt werden dürfen. Allerdings wird auch dieses Potenzial noch nicht umfassend ausgeschöpft. Die aktuelle Studie Open Public Data in Deutschland zeigt, welchen Mehrwert die Bereitstellung und Nutzung offener Daten bieten. Entstanden ist sie im Rahmen der Begleitforschung des Technologieprogramms Smart Service Welten, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird.
Welche Vorteile OPD bringt, demonstriert zum Beispiel die App der Stadt Moers. Sie erinnert Bürgerinnen und Bürger an Müllabfuhrtermine, zeigt freie Parkplätze in Echtzeit an und bietet Veranstaltungskalender sowie virtuelle Stadtrundgänge. Die dafür genutzten Daten entstammen hauptsächlich dem Open-Data-Portal der Kommune. Wie OPD mehr gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, zeigt das Hürdenlos-Navi. Die in der Entwicklung befindliche App macht barrierefreies Bewegen in der Stadt Heidelberg möglich. 2020 soll der Routenplaner online gehen und einen Großteil der Innenstadt umfassen. Auch für saubere Luft ist OPD hilfreich. Das Projekt Luftdaten.info in Stuttgart kombiniert beispielsweise die Daten von Umweltsensoren mit Informationen, welche die Bevölkerung ergänzt.

Entscheidende Voraussetzung

Die Verfügbarkeit von offenen Daten ist eine entscheidende Vo­raussetzung für neue Anwendungen und Dienste. Der zugrunde liegende Rechtsrahmen ist in Deutschland jedoch stark fragmentiert. Einheitliche und aufeinander abgestimmte Informationszugangsgesetze existieren bislang nicht. Erst vier Bundesländer – Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein – haben Transparenzgesetze erlassen, die öffentliche Stellen zur proaktiven Veröffentlichung von Verwaltungsinformationen verpflichten. Was die Nutzung der Daten angeht, ist das Bild zumindest juristisch betrachtet homogener. Mit der EU-Richtlinie zur Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie) wurden einheitliche Vorgaben hinsichtlich der Weiterverwendung von Daten geschaffen. Sie schließt seit 2019 auch Informationen im Besitz von öffentlichen Unternehmen ein. Außerdem sollen im Zuge der novellierten Richtlinie hochwertige Datensätze definiert werden, die für Wirtschaft und Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind. Dazu gehören unter anderem Mobilitäts- und Wetterdaten.

Verändertes Rollenverständnis

Die PSI-Richtlinie reflektiert das Open-Data-Prinzip und damit ein verändertes Rollenverständnis öffentlicher Einrichtungen. Aus den einstigen Datenhütern sollen nun Datenbereitsteller werden. Für die Studie wurden dahingehend 22 ausgewiesene Experten aus Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen, IT-Dienstleistern und aus der Wissenschaft befragt. Immerhin 68 Prozent stimmten uneingeschränkt zu, dass offene Daten für Städte, Gemeinden und öffentliche Unternehmen ein höchst wertvolles Gut sind. Doch damit diese Datenbestände – etwa über Open-Data-Plattformen und Data Hubs – effektiv bereitgestellt und genutzt werden können, müssen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. 76 Prozent der Befragten befürworten, dass die Bundesregierung im Verbund mit den Landesregierungen und Kommunen die technische Infrastruktur für die Nutzung, Bereitstellung und Verwertung von OPD unterstützt. Eine solche Infrastruktur birgt mehrere Vorteile. Denn sind die richtigen Voraussetzungen geschaffen, lassen sich auch innerhalb von Verwaltungen durch die Offenlegung von Daten signifikante Effizienzeffekte erzielen. Der gemeinsame Zugriff hilft zudem, Silodenken abzubauen und fördert die Zusammenarbeit innerhalb von Kommunen.

Gezielte Anreize

Um den Datenschatz im öffentlichen Sektor in Gänze zu heben, sind gezielte Anreize und maßgeschneiderte Unterstützungsleistungen not­wendig. Ebenso wichtig ist die Vermittlung der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Dafür sind regulatorische Vorgaben zwar ein Instrument, aber umfangreiche Aufklärungsmaßnahmen und Investitionsanreize wären erfolgversprechender. Im nächsten Schritt sollten auch die Organisationen entsprechend umgestaltet werden. So sprechen sich 81 Prozent der für die Studie befragten Experten dafür aus, in kommunalen Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen effiziente Organisationsstrukturen und Prozesse für ein übergreifendes Digitalisierungs- und Daten-Management zu implementieren. Zugleich fordern ebenso viele, dass die Bundesregierung ein entsprechendes Weiterbildungsprogramm auflegt, das bundesweit Mitarbeitende in Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen – auch berufsbegleitend – schult und so den flächendeckenden Kompetenzaufbau unterstützt.
Die vorhandenen Open-Data-Portale in Deutschland weisen aktuell unterschiedliche Inhalte sowie Formate auf und sind wenig bekannt. Umso wichtiger ist es für Kommunen und öffentliche Unternehmen, über Best Practices, neue Entwicklungen und Trends aufgeklärt zu werden. Zu den Leuchttürmen für OPD gehört zum Beispiel das Transparenzportal der Freien und Hansestadt Hamburg. Es ist der zentrale Zugang zu aktuellen Daten und Informationen der Hamburger Verwaltung, auf die mit einer Volltextsuche flexibel zugegriffen werden kann.

Digitale Plattform

Einen Schritt weiter geht das Dortmunder Daten-Stadtwerk. Es wurde 2019 als Tochter der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21) gegründet. Die digitale Plattform bietet individuelle Daten- und Mehrwertdienste: vom intelligenten Abfall- und Leerungsmanagement über die Erkennung von Rohrleckagen bis hin zur Parkraumbewirtschaftung mit Smart Parking. Noch breiter ist die Urbane Datenplattform der Stadt Leipzig aufgestellt, die gemeinsam mit den städtischen Unternehmen der L-Gruppe entwickelt wird. Die Open-Data-Plattform führt – neben offenen – auch kommerzielle und interne Daten zusammen. So werden etwa eine bessere Baustellenkoordination ermöglicht, das städtische Flächen-Management optimiert und die intelligente Verkehrssteuerung vorangetrieben.
Vor diesem Hintergrund beinhaltet die Studie Open Public Data in Deutschland eine Reihe von Handlungsempfehlungen: Insbesondere sollte Wissen über OPD für öffentliche Einrichtungen bereitgestellt, der fachliche Austausch zum Thema organisiert und für das Thema sensibilisiert werden. Planen öffentliche Einrichtungen Open-Data-Vorhaben, sind diese durch geeignete Programme zu fördern. Die dafür notwendige Infrastruktur für die Bereitstellung, Nutzung und Verbreitung von OPD sollte nicht nur bundes- sondern europaweit implementiert werden. Zugleich müssen in öffentlichen Einrichtungen geeignete Strukturen und Prozesse aufgebaut werden.

Henry Schweigel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Begleitforschung des BMWi-Technologieprogramms Smart Service Welten.

Zur Website der Smart Service Welten (Deep Link)
https://www.iit-berlin.de/de/publikationen/open-public-data-in-deutschland
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe September 2020 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Open Government, Open Data

Bildquelle: Begleitforschung Smart Service Welt II

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