REPORT:
Sachsens Glanz im Netz


[28.6.2010] Laptop und Lederhose – mit diesem Slogan wollte der Freistaat Bayern vor einigen Jahren zeigen, dass Tradition und Moderne keine Widersprüche sind. Auf ein ähnliches Motto setzt ein anderer Freistaat: Laptop statt Papier.

Vernetzes E-Government: Sächsischer Weg zur modernsten Verwaltung in Deutschland. Anfang Juni 2010 tagten die Minister des Freistaates Sachsen erstmals ohne Sitzungsunterlagen auf Papier. Sämtliche Kabinettsvorlagen wurden in den Ministerien vollständig digital vorbereitet und den Ministern auf Laptops zur Verfügung gestellt. Mit der Umsetzung des E-Kabinetts ist Sachsen Vorreiter in Deutschland. Für den Freistaat ist dies jedoch nur der erste Schritt. Justizminister Jürgen Martens sagte dazu: „Die elektronische Kabinettsarbeit ist ein Anfang. Wir wollen damit auch ein Signal setzen: Die Minister fordern nicht nur innovative und neue Arbeitsmethoden von den Verwaltungsmitarbeitern ein. Sie stellen ihre Arbeitsweise auch selbst um.“

Sachsen will die modernste Verwaltung

Das ist lobenswert. Sachsen hat sich nämlich hohe Ziele gesetzt: Die modernste Verwaltung in Deutschland soll entstehen. Denn das Land steht vor großen Herausforderungen: Bis zum Jahr 2020 rechnet der Freistaat mit einem Bevölkerungsrückgang von 20 Prozent seiner ehemals fünf Millionen Einwohner. Die Einwohnerdichte in manchen Regionen des Landes wird sich sogar halbieren. Das zwingt nicht nur zu Kosten- und Personaleinsparungen. Um mit weniger Ressourcen die gleiche Servicequalität für Bürger und Unternehmen anbieten zu können, muss auch die Effizienz der öffentlichen Verwaltung erhöht werden.
Dabei spielt E-Government eine Schlüsselrolle. Der frühere Innenminister Albrecht Buttolo drückte dies so aus: „E-Government soll zu einem Motor für die Binnenmodernisierung der Verwaltung werden. Das Thema gehört nicht länger nur in einen Kreis von IT-Fachleuten, sondern muss alle Fachbereiche zu einer neuen Sichtweise motivieren.“ Die Sächsische Staatsregierung betrachtet E-Government also als Aufgabe von strategischer Bedeutung für den Lebens- und Wirtschaftsstandort Sachsen. Neben der Kabinettsarbeit will der Freistaat auch alle anderen Verwaltungsprozesse in Zukunft medienbruchfrei elektronisch gestalten. Dafür ist in den kommenden Jahren die weitere Einführung der elektronischen Aktenführung und IT-gestützten Vorgangsbearbeitung geplant.

Sächsische E-Government-Fahrpläne

Sachsen kann bei der Umsetzung von E-Government auf langjährige Erfahrung zurückgreifen. Bereits im Jahr 2003 hat die sächsische Regierung einen staatlichen E-Government-Fahrplan aufgestellt, ein Jahr später folgten die Kommunen mit einer eigenen Strategie. Relativ schnell erkannten die Verantwortlichen, dass die beiden Ebenen verzahnt werden müssen. Die Staatsregierung und die kommunalen Spitzenverbände Sachsens starteten dazu die Initiative „Sachsen interaktiv“ und beschlossen eine weitreichende Kooperation zur Modernisierung der Verwaltung auf staatlicher und kommunaler Ebene. Vereinbart wurden der Aufbau einer gemeinsamen Projektorganisation sowie eine bessere Kommunikation und Koordinierung des weiteren Vorgehens.
Die Regierung beließ es aber nicht bei warmen Worten: Zur Unterstützung der kommunalen E-Government-Entwicklung legte der Freistaat Sachsen für die Jahre 2004 bis 2006 ein Förderprogramm in Höhe von 4,8 Millionen Euro auf. Im Rahmen des „Operationellen Programms des Freistaates Sachsen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)“ stehen bis 2013 weitere 7,5 Millionen Euro für die Förderung kommunaler E-Government-Projekte zur Verfügung. Unterstützt wird die Entwicklung innovativer Anwendungen, die den Bürgern und Unternehmen den Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen erleichtern. Fördervoraussetzung: Die Antragsteller müssen zusichern, dass andere Kommunen und Behörden im Freistaat Sachsen die Ergebnisse nutzen können.

SAKD: Geschäftsstelle für kommunales E-Government

Eine wichtige Rolle für kommunales E-Government spielt die Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung. Die SAKD wurde 1994 per Gesetz als neutrale und unabhängige Beratungs- und Koordinierungseinrichtung für IT-Anliegen der Kommunalverwaltungen gegründet. Thomas Weber, Direktor der SAKD, sagt: „Die SAKD ist das Bindeglied zwischen den Interessen der Kommunen und den staatlichen Einrichtungen. So nehmen wir zum Beispiel als Geschäftsstelle für kommunales E-Government Nutzeranforderungen für die Basiskomponenten der E-Government-Plattform gezielt auf und bringen sie in den Weiterentwicklungsprozess ein.“ Auch die kommunalen IT-Dienstleister wie der Zweckverband KISA, die IT-Dienstleister der großen Städte wie der IT-Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Dresden oder die Firma Lecos als Dienstleister der Stadt Leipzig bringen kommunale Interessen in die Diskussion ein.

Amt24: Das Serviceportal der sächsischen Verwaltungen

Erste Erfolge der gemeinsamen Strategie wurden schnell erreicht. Mit Amt24, dem gemeinsamen Serviceportal der sächsischen Verwaltungen, gingen im September 2005 erste Basiskomponenten einer zentralen E-Government-Plattform in Betrieb. Hinzu kamen ein zentrales Content-Management-System, ein Formular-Server, eine elektronische Signaturkomponente, ein Geoportal sowie eine elektronische Internet-Bezahlplattform, die auch in kommunale Fachverfahren eingebunden werden kann. Für kommunales E-Government stehen heute etwa 50 Lösungen und Konzepte zur Verfügung, die von allen Städten, Gemeinden und Kreisen genutzt werden können.
Im vergangenen Jahr schließlich verabschiedete das Kabinett die gemeinsam mit den Kommunen entwickelte „E-Government-Strategie für den Freistaat Sachsen“. Eckpunkte dieser Strategie sind unter anderem die Vermeidung von Doppel- oder Parallelentwicklungen und eine konsequente Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzer von E-Government-Anwendungen. Zudem sollen die entstandenen Insellösungen zu vernetzten und standardisierten Angeboten verknüpft werden.

Das Sächsische Verwaltungsnetz

Technische Basis für die modernste Verwaltung in Deutschland ist das Sächsische Verwaltungsnetz (SVN). Mit dem Aufbau und Betrieb des SVN wurde das Unternehmen T-Systems beauftragt. Das Netzwerk, das im Oktober 2008 in Betrieb genommen wurde, ersetzt das Landesnetz InfoHighway Sachsen und das Kommunale Datennetz (KDN). Die flächendeckende Kommunikationsplattform auf Basis des Internet-Protokolls (IP) beinhaltet eine Netzinfrastruktur mit einem zentralen Management. Sachsen verfügt als erstes Bundesland über ein reines IP-Netz. Damit wurde die vollständige Integration von Sprache und Daten eingeleitet. So wird beispielsweise der gesamte Sprachverkehr über Voice over IP (VoIP) geführt.
Das Sächsische Verwaltungsnetz bietet auch eine Reihe von Mehrwertdiensten zentral an. Hans-Peter Seddig, Referatsleiter „IT-Strategie und E-Government“ im sächsischen Justizministerium, sagt: „Diese Zentralen Dienste sind eine Besonderheit der sächsischen Lösung. Sie werden den Landesbehörden und kommunalen Einrichtungen auf einer exklusiven, nach dem Stand der Technik abgesicherten Hard- und Software-Plattform angeboten.“ Diese Dienste umfassen unter anderem Verzeichnisdienste, E-Mail, Unified Messaging Service (UMS), mehrstufige Firewall-Systeme zur Abwehr von Viren, Trojanern und Angriffen aus dem Internet, Systeme zur Abwehr von Spam und einen sicheren Remote Access Service. Seddig ist überzeugt: „Mit einer exklusiven, technologisch weit fortgeschrittenen Netzinfrastruktur und einem zukunftsweisenden Diensteangebot ist Sachsen informationstechnisch für alle Anforderungen der nächsten Jahre im Bereich E-Government bestens gerüstet.“

Gemeinden profitieren vom sicheren Netz

Nun kommt es darauf an, dass auch alle Beteiligten diese fortschrittliche Infrastruktur nutzen. SAKD-Direktor Thomas Weber berichtet, dass rund die Hälfte der sächsischen Städte, Gemeinden und Kreise inzwischen das kommunale Datennetz nutzen, das Teil des Sächsischen Verwaltungsnetzes ist. Es gibt gute Gründe für den Anschluss an das Netz. Weber: „Das SVN ist eine wichtige Voraussetzung für kooperative Geschäftsmodelle oder Shared Services, auch im kommunalen Bereich.“ Auf einen anderen Aspekt macht Michael Breidung aufmerksam. Der Leiter des IT-Eigenbetriebs der Landeshauptstadt Dresden sagt: „Die Sicherheit des Netzes ist ein wichtiges Argument angesichts der Diskussionen um den Datenschutz.“ Gerade kleinere Gemeinden könnten in besonderem Maße von der sicheren Infrastruktur des Sächsischen Verwaltungsnetzes profitieren.

Neuer Schub durch Schwarz-Gelb

Nach den Landtagswahlen im September vergangenen Jahres erhielt die Verwaltungsmodernisierung in Sachsen nochmals neuen Schub. Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP heißt es, die neue Regierung wolle dafür sorgen, dass Bürger und Unternehmen ihre Anliegen bei der sächsischen Verwaltung künftig „soweit wie möglich“ auf elektronischem Wege erledigen können. Dazu soll das sächsische Serviceportal Amt24 weiter ausgebaut werden. Für Bürger, die das Internet nicht nutzen, sollen alternative Angebote wie mobile Bürgerservices bereitgestellt werden. In dem Vertrag wird auch bekräftigt, dass in Zusammenarbeit mit den Kommunen eine einheitliche IT-Infrastruktur aufgebaut und elektronische Verwaltungsabläufe ebenenübergreifend standardisiert werden sollen. Den rechtlichen Rahmen dafür will die Koalition mit einem E-Government-Gesetz schaffen.
Mitte März 2010 konkretisierte die Sächsische Staatsregierung die Pläne. Das Kabinett verständigte sich darauf, die Verwaltung des Landes in den kommenden Jahren umfassend zu modernisieren. Die Staatsmodernisierung als Teil der Koalitionsvereinbarung sei eines der wichtigsten Projekte in der laufenden Legislaturperiode, verlautete aus der Staatskanzlei. Insbesondere geht es dabei um den Abbau von Bürokratie, die Vereinfachung von Genehmigungs- und Förderverfahren sowie die Schaffung moderner E-Government-Strukturen. Darüber hinaus sollen das Dienst- sowie das Besoldungs- und Versorgungsrecht reformiert werden.
Federführend für die Modernisierung ist das Staatsministerium der Justiz und für Europa, das die Aufgabe im November 2009 vom Innenministerium übernommen hatte. Im Mai dieses Jahres schuf der Freistaat den Posten eines Chief Information Officer (CIO). Wilfried Bernhardt, Staatssekretär im Justizministerium, übernahm als Beauftragter für Informationstechnologie des Freistaats den Vorsitz des Lenkungsausschusses für IT und E-Government in der Landesverwaltung und vertritt die sächsischen Interessen im IT-Planungsrat. Somit koordiniert heute das Staatsministerium der Justiz und für Europa mit dem neuen CIO die strategische Entwicklung der IT und des E-Government im Freistaat.

Lohnende Investitionen

Die IT-Investitionen haben sich für den Freistaat bereits gelohnt. Durch die Einführung neuer Technologien wurden Einsparungen von mehreren Millionen Euro erzielt, sagt E-Government-Referatsleiter Hans-Peter Seddig. Auch der kooperative Ansatz macht sich bezahlt. Bei Preisverhandlungen mit IT-Dienstleistern ist es von Vorteil, wenn alle Behörden eines Landes eingebunden sind. Seddig: „Masse macht Rabatt.“ (al)

http://www.egovernment.sachsen.de
http://www.amt24.sachsen.de
Video-Clip „Moderne Verwaltung in Sachsen“ (Deep Link)

Stichwörter: Sachsen, Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung (SAKD), Sächsisches Verwaltungsnetz (SVN), T-Systems



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