Leverkusen:
Stadt als Cyclorama


[27.2.2018] In Leverkusen wurde das gesamte Stadtgebiet gescannt und aus den Aufnahmen 360-Grad-Panoramabilder erstellt. Die Cycloramas kann die Stadt etwa nutzen, um Bürgerbeschwerden zu bearbeiten oder die Planung von Baumaßnahmen abzustimmen.

Leverkusener Stadtgebiet wurde im Fünf-Meter-Abstand erfasst. Seit Kurzem ermöglichen so genannte Cycloramas den Mitarbeitern der Stadt Leverkusen 360-Grad-Panoramabilder des Stadtgebiets in hoher Auflösung auf den Desktop zu holen und auf deren Grundlage sogar Messungen durchzuführen. Das Interesse daran ist so groß, dass sich innerhalb weniger Tage nach Einführung der Cycloramas Mitte November 2017 bereits 170 Beschäftigte aus 20 Fachbereichen für die angebotenen Nutzerschulungen angemeldet hatten. Bis Ende vergangenen Jahres lief die Testphase für alle Mitarbeiter der Stadt, seit diesem Jahr haben nur noch registrierte Nutzer Zugriff auf die Daten.
Als Grundlage für die Cycloramas hat vor wenigen Monaten ein mit Spezialkameras und Laser-Scanner bestückter Kleinwagen den öffentlichen Straßenraum im gesamten Stadtgebiet Leverkusen befahren und dabei im Abstand von fünf Metern Aufnahmen gemacht. Diese wurden aufbereitet und stehen seitdem digital für die dienstliche Nutzung zur Verfügung.
Im ersten Schritt wurden die Cycloramas in die Auskunftskomponente Osiris des städtischen Geo-Informationssystems (GIS) integriert. Damit haben die Anwender die Möglichkeit, die 360-Grad-Bilder im Zusammenhang mit den Daten des GIS als zusätzliche Informationsquelle zu nutzen. Auch hier ist das Interesse groß: 5.774 Panoramabilder haben 380 User im Oktober vergangenen Jahres aufgerufen, im November waren es fast 8.000 Bildaufrufe.

Informationsgewinnung vom Schreibtisch aus

Seit Ende November 2017 können die Mitarbeiter der Stadt Leverkusen zudem die browserbasierte Software StreetSmart von CycloMedia nutzen. Diese liefert nicht nur gestochen scharfe visuelle Informationen, sondern ermöglicht sogar virtuelle Messungen, da hinter den Bilddaten eine Laserpunktwolke georeferenzierte, dreidimensionale Koordinaten bereithält. So kann die Technik zur Informationsgewinnung vom Schreibtisch aus genutzt werden.
„Diese Technologie ist ein Meilenstein der Digitalisierung“, erläutert Leverkusens Baudezernentin Andrea Deppe. „Mit ihr können Außeneinsätze reduziert und die Planungen von Baumaßnahmen auch in der Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche schneller und präziser aufeinander abgestimmt werden.“ Wo früher oft ein Ortstermin von Vertretern verschiedener Fachbereiche notwendig war, können sich die Fachleute nun via Computer einen ersten Eindruck verschaffen, sich telefonisch über die nächsten Arbeitsschritte verständigen und die ersten Maßnahmen erledigen, bevor ein zeitaufwendiges Treffen vor Ort stattfindet – falls dies überhaupt noch der Fall ist.
Die Stadt Frankfurt als langjährige Anwenderin berichtet, dass durch die Cycloramas auch die ämterübergreifende Zusammenarbeit vereinfacht und beschleunigt wird. Was besonders die Spezialisten aus dem Bereich der Geo-Informationssysteme fasziniert, ist die Möglichkeit, eigene Geometriedaten georeferenziert mit den Bildern zu kombinieren und das GIS interaktiv mit den Cyclomedia-Daten zu koppeln. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten bei der Digitalisierung von Daten. Voraussetzung dafür ist das Schnittstellenmodul „CycloMedia-SOM für Smallworld GIS“, das die Firma GIS-Consult entwickelt hat. Sinnvoll ist zudem die Funktion der so genannten Zeitreise. Sofern Bilder aus vorherigen Befahrungen vorliegen, können diese direkt mit den aktuellen Aufnahmen verglichen werden.
Die Stadt Leverkusen verspricht sich von der neuen Technik einen weiteren Beitrag zur Modernisierung der Verwaltung. „Für eine erste Bilanz ist es zwar noch zu früh, aber das große Interesse an dieser Technik spricht dafür, dass sie auf hohe Akzeptanz stößt“, freut sich Jürgen Späker, Fachbereichsleiter Kataster und Vermessung.

Datenschutz hat hohen Stellenwert

Auf das Angebot der Firma Cyclo-Media aufmerksam geworden war die GIS-Stelle der Stadt Leverkusen auf einer Anwendertagung der Smallworld Interest Group Nord im Oktober 2014. Vom Potenzial war die GIS-Stelle auf Anhieb überzeugt. Jetzt, drei Jahre später, ist das Leverkusener Stadtgebiet mit dieser Technik erfasst worden. Für den Zuschlag an Anbieter CycloMedia sprach vor allem die existierende Schnittstelle zu dem bei der Stadt genutzten GE-Smallworld-GIS.
Aber auch der Datenschutz hat bei diesem Anbieter einen hohen Stellenwert. CycloMedia ist Mitglied des Vereins „Selbstregulierung Informationswirtschaft (SRIW)“ und hat sich verpflichtet, den Datenschutzkodex für Geo-Informationsdienste einzuhalten. Fahrzeugkennzeichen und Gesichter werden durch eine automatisierte Verpixelung unkenntlich gemacht. Die Bilder werden nicht im Internet veröffentlicht, sondern ausschließlich für interne Aufgaben verwendet. Wer das System nutzen möchte, muss zuvor die Einhaltung der Nutzungsbedingungen per Unterschrift akzeptieren und bekommt ein persönliches passwortgeschütztes Profil eingerichtet. Der Zugriff ist über eine so genannte IP-Whitelist eingeschränkt, sodass die Daten nur innerhalb des städtischen Netzwerks verfügbar sind. Der städtische Datenschutzbeauftragte wurde bereits in die Projektvorbereitung einbezogen.

Vielseitige Einsatzmöglichkeiten

Inzwischen liegen erste Rückmeldungen der Anwender vor: Der Fachbereich Straßenverkehr nutzt die Bilder unter anderem für die Bearbeitung von Bürgerbeschwerden und bei Widersprüchen gegen Bußgeldbescheide. Das erspart nicht nur Außentermine, sondern ermöglicht auch verbesserte Reaktionszeiten. Der Fachbereich Tiefbau nutzt die Zeitreisefunktion, um anhand von Bildern einer Testbefahrung aus dem Jahr 2015 den Vorher-Nachher-Zustand bei der Ausführung von Straßenbaumaßnahmen zu prüfen. Die Schulverwaltung will anhand der Aufnahmen die Sicherheit von Schulwegen überprüfen. Die Feuerwehr ist von dem Werkzeug ebenfalls begeistert, weil sich damit erhebliche Vorteile bei der Einsatzplanung, im vorbeugenden Brandschutz und für die Lagebeurteilung bei der Krisenstabsarbeit ergeben.
Weitere Einsatzmöglichkeiten bieten sich unter anderem in den Aufgabenfeldern Bauberatung, Bürgerbeschwerden, Planung, Vermessung und Umwelt. Das lässt große Chancen zur Prozessoptimierung erkennen. Die Daten der Leverkusener Verkehrsschilder und Brückenbauwerke können zudem für das im Aufbau befindliche Lkw-Navigationssystem des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS) wichtige Informationen liefern. Die Laserscanner-Modulation wiederum kann beispielsweise den Technischen Betrieben der Stadt Leverkusen (TBL) helfen, die möglichen Auswirkungen von Starkregenereignissen zu analysieren.
Die Beauftragung der Befahrung erfolgte über den IT-Dienstleister ivl gemeinsam durch die Stadt Leverkusen, die Technischen Betriebe der Stadt Leverkusen und die Energieversorgung Leverkusen. Im Auftragspaket ist neben der bereits ausgeführten Bildbefahrung auch eine Wiederholung im Jahr 2019 enthalten.

Bernd Großmann ist Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Vermessungswesen und bei der Stadt Leverkusen zuständig für Geo-Informationssysteme.

http://www.leverkusen.de
Dieser Beitrag ist in der Februar-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Geodaten-Management, Leverkusen, CycloMedia

Bildquelle: Stadt Leverkusen

Druckversion    PDF     Link mailen


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich Geodaten-Management
Hannover: Grundwasserstände online
[17.6.2024] Ob Land- und Forstwirtschaft, Bausektor oder Landschaftspflege – für all diese Bereiche sind aktuelle Informationen zu Grundwasserständen wichtig. Die Stadt Hannover stellt diese nun auf einer interaktiven Online-Karte bereit. mehr...
Grundwasserstandsmessung in Hannover. Die Ergebnisse aktueller Messungen können auf einer Online-Karte eingesehen werden.
Oldenburg/Trier: Digital kühle Orte finden
[11.6.2024] Kühlere Orte bei langanhaltenden Hitzewellen können eine Wohltat sein. Immer mehr Städte bieten Stadtpläne, die Bewohnern und Besuchern geeignete Orte anzeigen, an denen sie sich vor zu hohen Temperaturen schützen können. Zuletzt haben Trier und Oldenburg entsprechende Angebote veröffentlicht. mehr...
Digitaler Stadtplan zeigt kühle Orte in und um Oldenburg.
Homburg: Kommunales Geoportal gestartet
[29.5.2024] In Homburg steht eine neue, GIS-basierte Plattform bereit, die verschiedene Informationen zu kommunalen Themen liefert. Integriert ist ein Mängelmelder inklusive Mobil-App. Diese Angebote sind nicht nur ein Informationsservice für Bürgerinnen und Bürger – sie sollen auch die Abläufe in der Verwaltung erleichtern. mehr...
In Homburg erleichtert eine GIS-basierte Online-Plattform künftig die Zusammenarbeit von Bürgern und Verwaltung.
Hamburg: Starkregengefahrenkarte ist komplett
[28.5.2024] In Hamburg wurde eine Starkregengefahrenkarte für das gesamte Stadtgebiet fertiggestellt und ist nun öffentlich zugänglich. Interessierte können sich mithilfe dieser Karte umfassend über potenzielle Starkregengefahren durch Überflutungen informieren und – sofern erforderlich – entsprechend vorbereiten. mehr...
Eine Starkregengefahrenkarte soll Hanburger Bürger und Behörden über Risikogebiete informieren.
Bremen: Machine Learning in der Stadtentwicklung
[23.5.2024] Das Satellitentechnologie-Unternehmen OHB Digital Connect und das Landesamt für Geoinformation Bremen wollen in einem Kooperationsprojekt das maschinelle Lernen für nachhaltige Stadtentwicklung voranbringen. Ziel ist es, Massendaten KI-gestützt auszuwerten und in Beziehung zueinander zu setzen. mehr...
Die automatisierte Verarbeitung von Geodaten ist ein entscheidender Schritt für die nachhaltige Stadtentwicklung. In Bremen läuft dazu eine neue Kooperation.
Weitere FirmennewsAnzeige

Besuchersteuerung: Das neue Einbürgerungsgesetz stellt Behörden vor zusätzliche Herausforderungen
[12.6.2024] Am 27. Juni 2024 tritt das neue deutsche Einbürgerungsgesetz in Kraft. Damit verkürzt sich die Mindestaufenthaltsdauer für eine Einbürgerung von derzeit acht auf fünf Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen sogar auf bis zu drei Jahre. Demzufolge werden Ausländerbehörden künftig mehr Anträge auf Einbürgerung bearbeiten müssen. Allerdings stoßen bereits heute viele Ausländerbehörden an ihre Kapazitätsgrenzen. Magdalene Rottstegge, zuständig für das Business Development bei der SMART CJM GmbH, erläutert, wie Ämter das erhöhte Arbeitsaufkommen besser bewältigen können. mehr...

E-Rechnung: Für den Ansturm rüsten
[31.5.2024] Die E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich kommt. Kommunen sollten jetzt ihre IT darauf ausrichten. Ein Sechs-Stufen-Plan, der als roter Faden Wege und technologische Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, kann dabei helfen. mehr...
Suchen...

 Anzeige



Aboverwaltung


Abbonement kuendigen

Abbonement kuendigen
Ausgewählte Anbieter aus dem Bereich Geodaten-Management:
GIS Consult GmbH
45721 Haltern am See
GIS Consult GmbH
OrgaSoft Kommunal GmbH
66119 Saarbrücken
OrgaSoft Kommunal GmbH
ekom21 – KGRZ Hessen
35398 Gießen
ekom21 – KGRZ Hessen
NOLIS GmbH
31582 Nienburg/Weser
NOLIS GmbH
Aktuelle Meldungen